Schlechte Erfahrungen oder Ängste in der Therapie?

Dieses Thema im Forum "Diskussionen" wurde erstellt von Linni, 21. Juli 2014.

  1. Gast

    Linni

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    Top Poster des Monats

    Hallo ihr Lieben,

    ich möchte dieses Thema eröffnen, weil es um eine Sache geht, über die ich mich nur mit Menschen austauschen kann und möchte, die selber schon Therapieerfahrungen haben. Deshalb finde ich, dass das hier am richtigen Platz ist.

    Also ich habe schon ein einige weniger schlimme Erfahrungen gemacht, die ich als unangenehm empfunden habe. Es war nichts dramatisches, aber ich denke oft darüber nach und ich habe Angst, dass ich aus diesem Grund manchmal nicht ganz ehrlich zu meiner Therapeutin sein kann.

    Als ich einmal in einer Klinik war dieses Jahr habe ich einen Gewichtskorridor bekommen in dem ich mich bewegen durfte. Ich hatte Normalgewicht und war auch noch 3-4 kg vom Untergewicht entfernt. Es war also auch eigentlich eine gute Idee von den Therapeuten. Ich durfte das Gewicht nicht unterschreiten, aber das ist mir nach 3 Wochen sehr schwer gefallen. Ich konnte echt nicht mehr essen, es war ganz schrecklich. Ich war dann 400 Gramm drunter als Wiegetag war und in der Visite am nächsten Tag fragte ich welche Konsequenzen ich zu befürchten hätte, wenn ich nicht wieder die 400 Gramm zunehme, oder nochmal die Grenze unterschreite. Der leitende Psychologe sagte: Dann fahren Sie nach hause.
    Ich war so sauer, verwirrt, enttäuscht und außer mir, dass ich mich im Zimmer ausheulte und wütend irgendwelche Sachen durch die Gegend geworfen habe. Danach habe ich mich im Bad verletzt. Nachdem ich im Krankenhaus war, weil mein Arm genäht werden sollte, wollte der Psychologe mit mir sprechen. Es war ein für mich sehr schlimmes Gespräch. Er war sehr gemein und vorwurfsvoll. Ich finde ihn jetzt noch sehr unprofessionell und ich habe manchmal noch Alpträume davon. Aber das ist nicht das Thema. Ich musste erstmal verstehen, wie das so läuft, wenn man wegen einer Essstörung eine Therapie macht. Nur wenn man gesund werden will und mitmacht, wird man unterstützt. Ich finde aber dennoch, dass man mich hätte mehr unterstützen können. Naja, auch das habe ich dann mit mehreren Pflegern und meiner Therapeutin besprochen.
    Am Ende des Aufenthaltes fragte meine Therapeutin in der Klinik mich, ob ich nach 6 Monaten wiederkommen möchte. Ich würde dann mit ihr einen Vertrag abschließen, in dem ich mich dazu verpflichte, das Gewicht zu halten und zu klären, in welche Richtung mein Weg führen wird. Ich brauchte also einen Plan für die Zukunft. Studium, Ausbildung, FSJ oder Praktika waren die Optionen. Ich habe es abgelehnt. Ich fand es lächerlich. Wie sollte ich so etwas unterschreiben? (Außerdem hatte ich nicht nochmal vor einen weiteren Klinikaufenthalt einzuplanen) Ich gehe jetzt doch wieder hin, ohne den Vertrag abgeschlossen zu haben. Mein Studium ist sicher und mein Gewicht habe ich eigentlich auch gehalten, aber das hätte ja auch anders kommen können. Bekommt man etwas nur Hilfe, wenn es einem nicht zu schlecht geht? Ich verstehe das einfach nicht.. Ich hätte doch dann erst Recht Hilfe gebraucht.
    Meine ambulante Therapeutin hat einmal gesagt, dass wir das mit der Therapie überdenken müssten, wenn ich wieder abnehmen würde. Ich kann das einfach nicht nachvollziehen. Klar, langfristig gesehen sollte ich Fortschritte machen, aber es ist nun mal nicht so leicht. Ich habe jetzt angefangen mich zu übergeben und kann es meiner Therapeutin nicht erzählen. Ich brauche diese Therapie und will da rauskommen? Aber was darf ich überhaupt noch erzählen?

    Ich würde mich wirklich freuen, wenn mir jemand antwortet :(

    In Liebe
    Linni
     
  2. ehemaliges Mitglied

    Cleopatra

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    Dabei seit 4. August 2014
    Hallo Linni,

    was Du Deiner Therapeutin erzählst und was nicht,liegt letztenendes bei Dir. Du musst halt für Dich entscheiden, inwieweit Du bereit bist Vorschlge/Kritik anzunehmen und um zu setzen. Kliniken arbeiten oft mit Verträgen, die ein gewisses Mindestgewicht beeinhalten. Das hat den Sinn, das Du versuchst das Gewicht wenigstens zu halten. (Sofern es sich nicht um einen Zunahmevertrag handelt).
    Es sagt niemand, das es leicht ist. Unser Weg ist immer wieder von Rückschlägen geprägt (meiner zumindest). Erst vorgestern fuhr ich heulend auf die Arbeit und kämpfte mit einer depressiven Verstimmung. Heute gehts wieder besser...
    Ich denke, ob man Hilfe "bekommt" liegt oftmals an der eigenen Vorstellung und Bereitschaft etwas an seiner Situation aktiv zu verändern.(zum Positiven) und die gebotene Hilfe anzunehmen. Vielen Betroffenen fällt es leichter, eine Sache unter dem Mantel eines Vertrages anzugehen, weil damit ja auch eine gewisse Verpflichtung (Zwang) verbunden sind.
    Das muss ja nicht unbedingt Dein Weg sein, der für Dich passt. Wenn eine Teamarbeit nur unter der Vorraussetzung eines abgeschlossenen Vertrages möglich ist, wäre für Dich evtl. eine andere Klinik sinnvoll, wo nicht so sehr mit Verträgen gearbeitet wird?
    Du wirst immer wieder auf Menschen stoßen die ebenfalls die Frage stellen"warum wird MIR nicht geholfen?". Unabhängig, wie schlecht es diesen Leuten in der Situation geht.. Da gilt es dann herauszufinden, ob die Chemie auf Beiden seiten passt und der Wille da ist, den geplanten Weg gemeinsam zu gehen, mit allen Konsequenzen.

    Wenn ich an meine letzte Therapie zurück denke, war es eine verdammt harte Zeit. Ich war damals im Untergewicht, bekam einen Zunahmevertrag und stand einmal kurz vor einer Kontaktsperre weil ich nicht wie vereinbart 500 g zugenommen hatte. Ich wurde mit Dingen konfrontiert,schonungslos und direkt und ich war einmal soweit, das ich aus dem Fenster springen wollte. Die Ärztin lief vorbei und hat mich gesehen. Sie hat mich nicht aufgehalten. Bei der nächsten Stunde hat sie das thematisiert, mit dem Satz: Ich kann das absolut nachvollziehen, ich an ihrer Stelle wäre gesprungen".
    Wir hatten viele Sitzungen, und sie hat mich an Grenzen gebracht die ich bis dahin noch gar nicht kannte. Ich hab sie oftmals gehasst, aber Ihre direkte Art hat mir geholfen mich meinen Problemen mal wirklich zu stellen. Es tat irrsinnig weh, ich war am Ende, aber DAS war meine Chance nochmal neu anzufangen..
    Heute-knapp 5 Jahre später, bin ich verheiratet, habe eine kleine Tochter und einen festen Job. Ich will nicht sagen, das ich es komplett "geschafft" habe. Aber ich möchte Dir Mut machen, Deinen Weg zu gehen. Es ist Dein Leben. DU hast es in der Hand.

    Ich wünsch Dir auf jeden Fall von Herzen Alles Gute auf Deinem Weg

    Cleopatra
     
  3. ehemaliges Mitglied

    Linni

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    Dabei seit 13. August 2014
    Hallo Cleopatra,

    danke für diese hilfreiche Antwort. Das was du erzählt hast, hat mich etwas an den letzten Klinikaufenthalt erinnert. Es ist trotzdem beruhigt, dass es bei anderen Therapeuten und Ärzten auch so zugeht. Der Psychologe war sehr hart und direkt zu mir. Auch wenn ich ihn immer noch etwas unprofessionell fand, hat er irgendwas bei mir verändert, zum guten... Deswegen bin ich eigentlich froh, dass das so passiert ist, auch wenn ich ihn sehr hasse. Mir ist auch nicht gut, wenn ich an Donnerstag denke. Da geh ich zurück in die Klinik und möchte ihm eigentlich nicht wieder begegnen. Aber meine zugeteilte Therapeutin dort hätte auch ruhig etwas strenger mit mir sein dürfen. Meine ambulante Therapeutin ist es auch und auch wenn sie vieles sagt was ich nicht hören will, bin ich froh bei ihr zu sein. Ich denke, sonst kann eine Therapie auch keine Wirkung zeigen.

    Dankeschön, das hat mir glaube ich sehr geholfen, das mal alles anders zu sehen.

    Viele liebe Grüße
    Linni
     
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  4. ehemaliges Mitglied

    Cleopatra

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    Dabei seit 4. August 2014
    Hallo Linni,

    ich danke Dir und wünsche Dir für die Zeit in der Klinik viel Kraft und viele gute Erfahrungen.

    LG
    Cleo
     
  5. klavierklecks97

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    Top Poster des Monats

    Hallo ihr beiden !

    Ich finds toll , dass man sich hier über verschiedenste Sachen austauschen kann.... Und das Thema Therapie wird fast alles Menschen einholen, die eine ES haben und so kam es auch bei mir , obwohl ich mehr oder weniger davor weggelaufen bin.
    Nun ja, mir wurde von meiner Psychologin vorgeschlagen ein Gruppentherapie zu machen , um mich (wie auch hier) mit Mädchen und Jungs auszutauschen, die das selbe oder Ähnliches durchmachen wie ich. Bei der ersten Sitzung war alles in Ordnung, es war eine Art Selbsthilfegruppe und ich kam mir ein wenig bescheuert vor, wenn ich ehrlich bin, denn eigentlich wollte ich doch gar nicht reden und schwieg einfach 1 1/2 Stunden lang. Die 2. Sitzung war ein wenig komisch, weil ich die Mädchen in der Pause reden gehört habe und was sie während der Sitzung mit unserem Gruppenpsychologen sagten, stimmte absolut gar nicht überein. Sie sagten dem Psychologen, dass sie so dringend "normal" werden wollen und dass sie wieder essen können ohne zu kotzen oder sich schlecht zu fühlen, fand ich eigentlich ganz toll, weil es mir genau so gegangen ist, obwohl das keiner wusste , weil ich nur ein Beobachter war und einfach nie was sagen konnte..... In der Pause jedoch haben sie voll über den Psychologen abgelästert und sich gegenseitig irgendwelche Tipps gegeben um noch weiter abzunehmen, wobei es bei einem der Mädchen schon gefährlich aussah und sie hatte bei einer Körpergröße von 1,75 knappe 36 Kilo.... Die Mädchen rauchten eine Zigarette nach der anderen, weil die Zigarette ja so magisch ist und uns dabei hilft, dass wir noch mehr abnehmen und nicht mal ans essen denken - FÁLSCH ! Das liegt daran, dass man sich das selbst einredet , aber das stimmt eigentlich nicht wirklich und so kam es , dass ich alles ausprobieren wollte , was die anderen erzählten , weil ich sie doch beneidet habe, weil sie stärker waren als ich - Dachte ich zumindest ....
    Nach 6 Sitzungen realisierte ich, dass mir diese Therapien nicht gut tun und habe die Gruppe verlassen und hatte wieder meine Einzelstunden mit meiner Psychologin, die glaub ich mit mir leicht überfordert war, aber sie hatte eine beruhigende Wirkung auf mich, obwohl sie manchmal doch sehr streng war, aber ohne sie , hätte ich nie meine Denkweise geändert (-leider nur für ein halbes Jahr )

    Naja, das waren meine Erfahrungen mit Therapien :)

    LG
    klavierkecks
     
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