Ein ganz normaler Tag ?

Dieses Thema im Forum "Diskussionen" wurde erstellt von Unregistriert (MoniEule), 11. Februar 2015.

  1. Unregistriert (MoniEule)

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    Top Poster des Monats

    Ich habe ein Problem, mir fällt es nicht leicht darüber zu reden.
    Mir fällt es leichter darüber zu schreiben.

    Eigentlich Ernähre ich mich und meine Familie gesund – ich wäre wahrscheinlich absolut normalgewichtig, vielleicht hätte ich sogar Idealgewicht. Ich mache eigentlich eine ansehliche Menge an Sport. In manchen Wochen nur 1-2 Stunden , in anderen wiederum 8-10 Stunden.

    Ich gehe nicht gerne raus – es gibt Tage, da gehe ich gar nicht raus – es gibt aber auch Tage da bin ich den ganzen Tag draußen dann ist oft auch mein Mann dabei, wir spielen und toben mit meinen Kindern auf dem Spielplatz, picknicke im Grünen – die Tage sind irgendwie sorglos und ich fülle mich frei.

    Es gibt aber auch eine andere Seite in meinem Leben, die oft Stunden meines Tages in Anspruch nimmt. Ich schäme mich sehr – niemand versteht es, deswegen versuche ich gar nicht mehr darüber zu reden.
    Gestern erst wieder oder auch den Tag davor – überkam mich ein Gefühl, er war aufeinmal in meinem Kopf- einfach da innerhalb eines Lidschlags.
    Eigentlich sollte ich gar keinen Hunger haben. Ich habe ja gefrühstückt heute morgen, eine Scheibe Brot und einen Apfel, eine ganz normale Menge und trotzdem ist der Gedanke da.

    Es geht weiter, meine Gedanken drehen sich nur noch um unseren vom Wocheneinkauf sehr gut gefüllten Kühlschrank, dem Gefrierschrank und unsere Vorratskammer.
    Ich denke an die Wurst, den Käse, die vielen Joghurts – an die verschiedenen TK-Gerichte, an unseren Süßigkeitenschrank, ich kann nicht anders ich gehe in die Küche.

    Ich blicke mich um – ich sehe unseren Obstkorb- voll mit Äpfeln, Mandarinen , Orangen sogar eine Honigpompelo liegt daneben. Ein flüchtiger Gedanke – wäre es nicht besser davon zu essen- schon schieb ich den Gedanken beiseite.

    Ich ordne meine Gedanken – nehme mir fest vor ich esse nur einen Teller voll – stelle einen kleinen Topf mit Wasser auf und koche mir was.
    Eigentlich habe ich keinen Hunger – trotzdem stehe ich morgens um 10 Uhr in der Küche und koche. Während ich da steh´am Herd kommt ein Gefühl dazu- ich kann es nicht beschreiben es ist so eine Mischung von Vorfreude, schamlose Gier und ab diesem Zeitpunkt weiß ich ich habe schon wieder versagt.
    Ab dann ist mir alles egal. Ich hole mir einen zweiten Teller, die Margerine, die Nutella, Wust und Ketschup – rühre schnell noch ein bisschen Gorgonzola oder anderen Käse in die Polenta und fange an.
    Ich fühle mich gut – vielleicht die ersten 5 Minuten. Dann wird es emotionslos, fast schon mechanisch. Ich esse – nein eigentlich fresse ich – vieles ohne zu kauen immer weiter immer mehr und mehr und wenn ich merke, dass mein Bauch weh tut schiebe ich mir noch schnell ein paar Scheiben Wurst mit Ketschup rein.

    Manchmal schäme ich mich sosehr dadrüber, dass ich weinen muss. Einmal kam mein Sohn dazu und fragte:" Mama was hast du den?" Es war ein furchbares Gefühl...es tut weh diese Scham und jetzt während ich mich daran errinnere wie mein Sohn vor mir stand und mir helfen wollte, zerreißt es mich innerlich. Seitdem mache ich es heimlich, mittlerweile fast jeden Tag.

    Ich versuche auszugleichen, wenn ich die Energie dazu habe, dann steh ich mehrmals am Tag auf meinem Crosstrainer – manchmal verleibe ich mir Glaubersalz ein – trotzdem werde ich immer dicker. Egal was ich mir vornehme mein Kopf macht mir einen Strich durch meine Planungen.
    Es macht mich fertig- so gut wie jeden Tag aufs neue.

    Ich hoffe, dass es ok ist, dass ich dies Geschrieben hab. Ich habe lange überlegt, ob ich es tun soll, es tat mir aber gut alles mal in Worte zu fassen - verurteilt mich bitte nicht.

    LG MoniEule
     
  2. ehemaliges Mitglied

    Shin SuJi

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    37 Jahre alt
    Dabei seit 19. Januar 2015
    Wow Moni...du bist ja sehr aktiv hier im Diskussionsbereich, was auf jeden Fall super ist und mich schon neugierig werden lässt, dich kennenzulernen.
    Generell hattest du ja gesagt, dass du lange überlegt hast das zu posten, weil du vielleicht Angst hast verurteilt zu werden. Ich denke, dass dir das an dieser Stelle nicht unbedingt passieren wird. Warum sollte man dich verurteilen? Die Dinge die du tust passieren nicht unter rationalen Bewusstsein. Du weißt nicht warum du es tust...was dir den Auslöser gibt. Dafür kann man dich nicht verurteilen.
    Ich finde es gut, dass du es niedergeschrieben hast, denn ist ein guter Schritt es zu manifestieren und nicht zu verdrängen. Vielleicht wäre auch ein weiterer Schritt in dich reinzuhorchen und doch zu fragen, wie sehr es dein Leben schon beeinflusst. Ich verstehe die Schuldgefühle gegenüber deines Sohnes. Vielleicht solltest du gerade aus diesem Grund jemanden professionelles suchen mit dem du diese Situationen durchsprechen kannst.
    Ich wünsche dir viel Kraft und Hoffnung, etwas an deiner Situation zu ändern.
     
  3. ehemaliges Mitglied

    Opheliac

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    4
    36
    Dabei seit 1. November 2014
    Liebe MoniEule,

    Danke, dass du einen so intimen Text mit uns teilst!
    Bestimmt bin ich nicht die einzige, die sich in deinen Worten wiederfindet.

    Auch ich habe schon in der Früh deftiges Essen gekocht, manchmal auch mitten in der Nacht, weil mich die Gedanken nicht schlafen lassen.
    So stehe ich dann um 4 Uhr vor dem Herd und koche mir eine lächerlich große Menge Nudeln, während ich trotzdem überzeugt bin, dass es mir nicht reichen wird.
    Und Oh mein Gott was dann?

    Ich hab das Glück, oder Unglück alleine zu wohnen und einen leeren Kühlschrank zu haben und nur das nötigste in den Regalen.
    Das verhindert zumindest nachts manchmal das schlimmste.

    Merkt eigentlich dein Mann, dass die Nahrungsmittel schneller verschwinden als sie sollten?
    Wenn ich bei meinen Eltern für ein paar Tage zu Besuch bin habe ich eigentlich die ganze Nacht durch FAs.
    Da ist der Kühlschrank auch immer voll und es gibt einen ganzen Schrank mit Süßkram.
    Ich warte immer sehnsüchtig darauf, dass sie schlafen gehen und stürze mich dann ins Fressen.

    Natürlich merken sie es schon nach der ersten Nacht, machen einen blöden oder witzig gemeinten Kommentar und kaufen am selben Tag wieder alles ein, was ich verschlungen habe.
     
  4. Unregistriert (MoniEule)

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    Top Poster des Monats

    Hallo Zusammen,

    liebe Shin SuJi

    danke für deine Antwort. Ich finde es nur nicht einfach darauf zu antworten, Hilfe holen ich habe schon daran gedacht, aber wie den Mut dazu finden?
    Ich weiß noch wie ich versucht habe, mit meiner Hausärztin über meine Depressionen zu reden. Hatte ihr erzählt, wie groß meine Angst ist, mich wieder selber zu verletzten, dass ich doch eigentlich aus dem Alter für so etwas draußen sein müsste...

    ...ich bekam Tabletten aber keine Überweisung zu einem Psychologen. Ich hatte nicht die Kraft danach zu fragen und mich noch mehr zu erniedrigen.

    Ich bin nicht nochmal zu ihr.
    Und wie schlimm wäre es mit noch so einem Problem zu ihr zu gehen, für dass ich mich sogar noch mehr schäme?

    Deswegen habe ich mich hier beworben, weil ich denke es hilft mir darüber zu schreiben, andere Frauen kennen zulernen und vielleicht irgendwann wieder Selbstvertrauen fasse und vielleicht auch mit einem anderen Arzt darüber rede.

    Deswegen habe ich auch diesen Text geteilt, weil ich irgendwie fühle - ich kann euch vertrauen - ihr schreibt mit mir und ihr gebt mir Tipps ohne zu sagen "ei dann esse doch einfach weniger". Das ist so verdammt wertvoll für mich.

    Danke dafür...



    Liebe Opheliac,

    ich hatte heute Nacht auch nicht schlafen können, meine Gedanken drehten sich nur um das oben beschriebene Verhalten - was für ein Glück lag mein Mann neben mir, ich wäre beinah durchgedreht so stark war der Drang.
    Aber es ging nicht - nicht vor meinem Mann und so lag ich da, die halbe Nacht und versuchte nicht durchzudrehen.

    Ich muss mir nie Gedanken machen, ob es reicht oder nicht - unser Kühlschrank ist immer voll - ich weiß nicht was ich machen würde, wenn der Kühlschrank leer wäre - einkaufen wahrscheinlich - weit weg von meinem normalen Supermarkt, denn mir wäre es peinlich vor den Verkäuferinnen, mit denen ich häufig "Small-Talk" mache.

    Ich denke mein Mann merkt es nicht so oft, wenn Nahrungsmittel verschwinden, ich kaufe häufig Sachen nach - meistens Lebensmittel, die mein Mann lieber sind, als die die ich gegessen habe und dann interessiert es ihn herzlich wenig ob schon wieder zwei Päckechen Wurst fehlen. Dazu kommt ich esse bei diesen Anfällen Sachen, die mein Mann eh nicht isst - Nutella, Polenta und Brie- um nur einige Beispiele zu nennen. Was ihm auffällt ist, dass der Ketschup andauert leer ist, ich glaube er denkt ich trinke ihn. Ich bin dazu übergegangen für mich den billigen Aldi-Ketschup zu nehmen und für ihn hab ich immer den teuren von Heinz.

    Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr fällt mir auf, wie ich versuche allen die Heile Welt vorzuspielen...

    Ich wünsche euch noch einen schönen Tag - vielen Dank für die Antworten!

    Liebe Grüße MoniEule
     
  5. ehemaliges Mitglied

    Shin SuJi

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    37 Jahre alt
    Dabei seit 19. Januar 2015
    Gibt es denn wirklich ein Alter für so etwas? Ich selber bin ja auch kein Teenager mehr oder in den frühen Zwanzigern, wo Studien nach wohl am häufigsten ES oder SVV vorkommen. Das heißt aber nicht, dass es nicht danach noch vorkommt. Es sind einfach Probleme, die nie geklärt wurden/ angegangen wurden. Manchmal kann man sie über Jahre verdrängen und mit sich rum schleppen, aber loswerden tut man sie trotzdem nicht. Ich zum Beispiel hatte meine schlimmste depressive Phase mit 16/17 und in den Jahren danach nur noch abgeschwächte Varianten. Letzten Sommer hat es mich wie aus dem nichts geschlagen und ich habe einen erneuten Tiefpunkt erreicht. Jetzt langsam habe ich aber die Kraft und das Bewusstsein zu sagen, dass ich das angehen will.

    Das kann ich sowas von nachvollziehen. Ich habe auch so eine...ich nenne sie jetzt mal gut-bürgerlich-konservative Hausärztin, die mich beim Thema Depressionen auch schief angeguckt hat. Das ist aber nicht deine Schuld, dass es immer noch Leute gibt bei denen ist verschriehen ist, sich um seine psychische Gesundheit zu kümmern. Es ist halt einfacher nachzuvollziehen, dass der Zahn wehtut als die Seele. Bitte lass dir kein schlehtes Gewissen und keine Scham einreden. Das ist denen Problem, deren Ignoranz...deren Engstirningkeit. Der Weg ist auf jeden Fall nicht leicht und ich habe ihn auch selber noch vor mir, aber ich will dich trotzdem motivieren ihn in weiterhin in Betracht zu ziehen.
    Das kann ich auf jeden Fall nachvollziehen und muss auch sagen, dass in meiner kurzen Zeit hier, mir das Reden alleine und das Selbstreflektieren schon sehr geholfen habe. Vielleicht kann man sogar sagen, dass das Forum einen großen Einfluss auf meiner derzeitige gute Phase hat.
     
  6. ehemaliges Mitglied

    Smilla

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    Dabei seit 25. Januar 2015
    Hallo MoniEule! *blumeschenk*

    Erstmal: Schäme dich nicht! Ich verstehe deine Gedanken und dein Verhalten so gut, ich nehme mal an, wie alle anderen hier auch.
    Du kannst nichts dafür. Du bist nunmal krank und dafür sollte man sich niemals schämen müssen!

    Sei ruhig mutig und versuche dein Glück vllt nochmal bei einem anderen Arzt.
    Bisher hatte ich immer Glück, dass meine beiden Hausärzte Verständnis hatten. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es ist in so einer Situation abgelehnt zu werden. Stelle mir das schrecklich vor und kann daher verstehen, dass es dir so schwer fällt.
    Wenn ich sowas mitbekommen werde ich echt wütend..

    Gibt es in deiner Stadt vllt auch eine Notfall-Ambulanz in einer psychiatrischen Klinik?
    Da passiert nichts schlimmes. Du hast zuerst nur ein kleines Gespräch mit einem Arzt, der dich dann weiter verweisen wird an einen ambulanten Therapeuten, der in der Klinik arbeitet. Manchmal hat man Glück und bekommt über solche Stellen schneller einen Therapieplatz, als wenn man auf eigene Faust einen sucht.

    Es ist übrigens auch möglich einen Termin bei einem Psychologen zu machen, ohne vorher eine Überweisung vom Hausarzt bekommen zu haben. Das heißt, du musst gar nicht zwangsläufig erst zu deinem Hausarzt und ihm von deiner Depression berichten.
    Der Therapeut kann sich später auch selbst an die Krankenkasse wenden und eine Therapie beantragen.
    Du könntest theroretisch schon heute anfangen alle durchzutelefonieren, die es bei dir im Umkreis gibt.

    Liebe Grüße von Smilla!<3
     
  7. Member

    Eule

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    73
    36 Jahre alt
    Dabei seit 11. Februar 2015
    Liebe Shin Suji,

    ja du hast natürlich vollkommen Recht, dass keinen festen Altersbereich für SVV oder Depressionen gibt.
    Aber in meinem Kopf habe ich es als Jugendsünde abgestempelt und verdrängt und dann war er wieder da, der Druck der so dringend ein Ventil brauchte.
    Dann bin ich natürlich auf direktem Wege zu meiner Hausärztin gerannt, weil es geht nicht mehr, dass ich das machen muss.

    Der Druck mich zu Verletzen ist auch zur Zeit nicht mehr da - zum Glück.

    Danke, dass du so sehr versuchst mich zu motivieren, irgendwann werde ich mir Hilfe suchen, ich denke auch, dass dieses Forum der erste Schritt auf meinem Weg ist.

    Liebe Smilla,

    danke für deine Anteilnahme, ihr alle baut mich echt ein wenig auf.
    Ich weiß nicht wie so eine Therapie abläuft - ich will mich nicht rausreden, aber ich glaube, dass ich zur Zeit dafür keine Zeit habe, selbst wenn ich mich trauen würde, die ganzen Ärzte durchzutelefonieren. Ich weiß, es ist ein schwacher Satz - es geht schließlich um meine Gesundheit, aber ich habe dazu nicht die Kraft. Wohin mit meinen Kindern in der Zeit? Mein Mann muss viel arbeiten - der kann nicht einfach krank machen, nur damit er auf die Kinder aufpassen kann.
    Mein Großer Sohn ist zu klein um auf seine Schwester aufzupassen und wenn wir einen Kindergartenplatz haben, möchte ich schnellstmöglich meine Umschulung machen.
    Das hört sich bestimmt an nach Ausreden, vielleicht sind es tief in meinem innerem auch Ausreden, denn es gibt bestimmt für alles einen Weg - ich kann mich noch nicht überwinden...

    Liebe Grüße MoniEule
     
  8. ehemaliges Mitglied

    Libelle

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    Dabei seit 14. November 2014
    Meinst du, du könntest es in Angriff nehmen, wenn ihr umgezogen seid? Dann könnten die Kinder zu ihrer Oma oder auch mal nachmittags bei Freunden/Freizeitaktivitäten unterkommen. Ich meine deine Kinder werden doch auch total davon profitieren wenn es dir wieder besser geht. Es ist ja nicht zu überlesen, dass du unter der Situation extrem leidest - verständlich! Du musst allen die heile Welt vorspielen obwohl du innerlich am zerbrechen bist.
     
  9. Member

    Eule

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    88
    73
    36 Jahre alt
    Dabei seit 11. Februar 2015
    Ich hoffe, ich finde dann den Mut dazu . Aber ich habe auch schon daran gedacht wie praktisch es eigentlich ist, dass die Oma in der Nähe wohnt. Und ich will ja auch irgendwann aus dieser Krankheit raus.
    LG MoniEule
     
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