Wie setzt ihr euch (kreativ) mit der ES auseinander?

Das Problem mit dem Perfektionismus kenne ich auch.
Deswegen habe ich viele Phasen, in denen ich nicht schreibe oder male, obwohl das eigentlich eines meiner liebsten Hobbies ist...

Was ich aber sehr gerne mache (wobei ich mir aber nicht sicher bin, ob das kreativ ist): Ich lege Ordner an.
Hört sich sicherlich suuuper spannend an, aber für mich ist es das total!
Da kommen dann alle Artikel, die mich irgendwie ansprechen und interessieren rein (zu den Themen Gesundheit, Ernährung, Sport, Essstörung, einfach alles was nur im entferntesten damit zu tun hat), oder auch ausgeschnittene Bilder, usw. Und wenn es mir mal schlecht geht, dann gehe ich den Ordner - mittlerweile schon fast meditativ - durch.
Macht ziemlich viel Spaß, weil man nicht an irgendwelche Vorgaben gebunden ist, sondern einfach alles wahllos nacheinander abheften kann. Das Stöbern darin macht aber noch am Meisten Spaß

 

Das habe ich als Kind auch sehr gerne gemacht, vorzugsweise Ordner über bestimmte Tierarten (ich habe sieben Ordner voll mit allen möglichen Texten und Bildern über Wale, unterteilt in die verschiedenen Walarten) oder fremde Länder (auch hier wieder unterteilt in Politik/Staatsaufbau, Sprachen, Geografie, Geschichte, Kunst und Kultur). Manchmal fast schon erschreckend, womit ich meine Kindheit so verbracht habe (das sind keine mit ein paar Bildchen und Zahlen, sondern solche, die ich später für die Maturaprüfung zum lernen verwenden konnte).

 

Wale? Warum denn ausgerechnet Wale?
Aber hey, gute Vorarbeit, wenn die für die Prüfung noch nützlich waren!

Als Kind habe ich auch aus den 'Mädchen' und 'Bravo Girl'-Zeitschriften und was es da alles gab, sämtliche Diät- und Abnehmtipps ausgeschnitten und in ein kleines, gelbes Buch geklebt. Und Kalorienzahlen und Bilder von schlanken Menschen und... ugh, das war schlimm. Weiß nicht, ob das direkt geholfen hat.
ABer jetzt mache ich ja das komplette Gegenteil und das tut echt gut

 

Es hat damit angefangen, dass ich als Kind 'Free Willy' gesehen habe (meine arme Mutter musste sieben Mal mit mir ins Kino). Ich war so begeistert von diesen Tieren, über die wir so unheimlich wenig wissen, dass ich sogar Meeresbiologie studieren wollte (im Alter von etwa acht oder neun Jahren wohlgemerkt). Im Keller bei meinen Eltern stapeln sich noch immer meine ganzen Bücher über Wale, und ich habe ständig Zusammenfassungen und Aufsätze über das geschrieben, was ich gelesen habe.
Nun ja, Meeresbiologie studiere ich zwar nicht, aber die Liebe und Faszination für diese Tiere ist nie ganz verschwunden.

Was meinst du damit, dass du jetzt das Gegenteil machst?

 

Das ist irgendwie süß
Aber diese 'Meeresbiologie'-Phase hatte ich auch einmal. Ich wusste zwar nicht, dass man das studieren kann oder so, aber ich wollte unbedingt mal Meeresbiologin sein. Ich dachte, da schwimmt man den ganzen Tag im Wasser und macht Fotos von Tieren und hilft denen und so

Ich schneide mir schöne Texte raus, meistens aus den Zeitschriften von meiner Mutter (Sensa oder Happinez, falls das jemand kennt), die einen irgendwie beruhigen. Oder auch einfach nur schöne Bilder, die ich mir ganz lange ansehe. Auch Anleitungen für Entspannungstechniken. Solche Sachen halt.
Ist nur leider so, dass es meist beim Angucken bleibt, etwas damit machen tu ich nie, aber immerhin... manchmal bringt mich das schön runter.

 

Achso, das ist natürlich wirklich praktisch das Gegenteil von nervigen Kalorienangaben.
Hmm, das macht doch nichts - wenn du diese Texte nur zu lesen brauchst, um dich zu entspannen, dann tust du doch etwas: du wendest die Entspannungstechnik an, die dir hilft. Das ist absolut individuell, und wenn es dich beruhigt, ist das Ziel doch erreicht (mein Exfreund hat immer Heavy Metal gehört, wenn er Kopfschmerzen hatte und konnte sich dabei so wunderbar entspannen, dass der Schmerz verflog - das hat auch keiner verstanden, aber ihm hats geholfen).

 

Au weia... viele andere bekommen davon erst Kopfschmerzen...

Büchlein habe ich mir früher auch zusammengestellt. Aber irgendwie musste ich immer wieder von vorne anfangen, wenn ich mal wieder einen persönlichen "Neuanfang" gestartet habe. Irgendwo in den Tiefen eines Umzugskartons liegen jetzt also ein Haufen halb voller Bücher mit Foto-Sammlungen und diversen Gewichts- und Nahrungsaufzeichnungen.

Ich denke heute macht man das nicht mehr so, da man alles im eigenen Computer, Pad oder Handy verstaut. Ist jedenfalls bei mir so. Das zwanghafte Sammeln von Bildern von schönen Frauen habe ich mittlerweile auf Tumblr verlegt. Ich weiß auch nicht was mein Tick damit ist, aber ich bin eine heterosexuelle Frau, die sich gern schöne Frauen ansieht.
In diesen Büchern befanden sich auch Zeichnungen und Texte und das ist wohl auch schon alles was ich an kreativer Auseinandersetzung mit der ES bisher getan habe. In der Klinik gab es noch ein paar Therapiebilder, aber das wurde einem ja eher aufgezwungen als dass es von einem selbst kam...

 

Diesen 'Tick' teile ich - aber ich bin auch nicht heterosexuell. Finde aber auch bei dir nichts 'seltsames' daran. Scheint, als hättets du halt einfach ein Auge für Ästhetik, also warum nicht?

Das war bei mir mit diesen Abnehmbüchlein auch so; immer dann, wenn ich 'neu angefangen' habe, musste ich auch ein neues Buch dafür verwenden. 'Altlasten' hatten da keinen Platz, daher habe ich wohl auch noch einige halbvolle Bücher oder auch nur viertelvolle) im Keller liegen.
Schon bekloppt irgendwie; ich hätte nach etwa drei Versuchen wissen müssen, dass ich's nicht durchziehe, regelmässig Buch über mein Essen/Gewicht zu führen...

Hmm, da bin ich wohl die Ausnahme. Ich schreibe noch immer von Hand Tagebuch (Bilder habe ich ohnehin nie gesammelt), das hat einfach was besonderes, wogegen ein digitales Tagebuch nicht ankommt (und ich find' die Bücher an sich immer schon so schön).

Da sagst du was! Ich habe die Kunsttherapie dermassen gehasst. Auf Kommando kann ich mich einfach nicht kreativ mit der ES (oder sonstigen Gefühlen) auseinandersetzen, und erst recht nicht, wenn ich weiss, dass das Bild nachher in der Gruppe besprochen wird und wir eine Themenvorgabe hatten. Ich versteh den Sinn davon bis heute nicht.

 

Kreativ

Ich zeichne sehr viel, bin Kunststudentin... Ich versuche meine Gefühle zu zeichnen, oft ist es sehr tiefgründig ich will nicht, das jemand merkt wie's mir geht...

 

hallo ihr
Ich schreibe wie viele hier auch darüber. Meistens jedoch schreibe ich Songs und spiele sie dann auf der Gitarre, manchmal mit Gesang und manchmal ohne. Vorgespielt habe ich sie aber noch nie...

Liebe Grüsse von Vögelchen

 

Das hört sich ja toll an! Dann bist du wohl sehr musikalisch? Ich hab da ja leider so gar kein Talent für, aber ich bewundere Menschen, die ihre Gefühle durch Musik zum Ausdruck bringen können.

 

Hallo
Danke, ich spiele seit ewigkeiten Klavier und Gitarre und singe, was aber nicht heisst, dass ich derart musikalisch bin... Ich liebe Musik einfach und denke, wenn man etws wirklich in der Seele spürt - sei es Schmerz, Liebe oder Sehnsucht, eigentlich was auch immer - ist es nicht so schwer, sich durch Musik auszudrücken.

Liebe Grüsse

 

Wenn ich musiziere, spüren vor allem die Zuhörer Schmerz und Sehnsucht (nach einem Ende!) in der Seele...!

Aber ernsthaft: ich find's toll, dass du sowas kannst, und ich lebe ganz gut damit, dass ich es nicht kann. So hat eben jeder seine Art, sich auszudrücken, und das ist auch gut so. Wäre ja ziemlich einseitig, wenn alle auf die gleiche Weise mit ihren Gefühlen umgehen würden (wo blieben dann all die wunderbaren Gemälde, der Tanz, die Fotografien, die Literatur...?).

 

Hihihi
Ja, du hast Recht! Ohne die verschiedenen Richtungen des Ausdrückens wären wohl viele Dinge nicht enstanden... Das ist ja das Heftige eigentlich, dass vor allem aus Schmerz die grössen Kunstwerke entstehen..!

Liebe Grüsse

 

"Nie erfahren wir unser Leben stärker als in grosser Liebe und in tiefem Schmerz."
Ich glaube, es war Hermann Hesse, der das gesagt hat, und wahrscheinlich sind es diese starken Erfahrungen, die Menschen dazu bringen, über sich hinauszuwachsen und Dinge zu erschaffen, die sie im 'normalen' Zustand zu vollbringen im Stande gewesen wären.

 

Das stimmt! Wow, was für ein schönes und treffsicheres Zitat!

Liebe Grüsse

 

Ohh das ist so schön und so verdammt wahr

 

Wirklich so wunderschön und traurig und treffend zugleich..

 

Wobei Liebe und Schmerz doch so nah beieinander stehen...

 

Für meinen Geschmack und nach meinen Erfahrungen definitiv ZU nah..