" Wie? Hat sie wirklich gesagt "So, ich werde jetzt auch mal eine ES entwickeln und ein bisschen kotzen!"? Warum wollte sie das? Hat sie sich als dick empfunden, als dicker als du? Oder ging es ihr nur um die Aufmerksamkeit. Meinte sie, du bekommst mit der ES mehr davon als sie? Wenn es das ist, scheint sie sich ja nicht als so perfekt zu empfinden und ihr beide scheint ziemliche Konkurrentinnen zu sein.
Bei meiner Schwester ist es so: wenn sie sich zurückgestellt fühlt, macht sie irgendwas, damit man sich wieder um sie kümmert. Das meine ich nicht böse, ich denke dahinter steckt große Not und sie weiß es nicht anders auszudrücken. Sie hatte mir auch nicht gesagt, dass sie Bulimie hat (wenn man das so benennen kann), sondern unsere Mutter kam zu uns und hat meine Schwester sozusagen aufgefordert es mir zu sagen, "denn ich würde mich ja am besten damit auskennen". Zu der Zeit ging es ihr wirklich schlecht, sodass sie keine Hemmungen hatte, sich zu erbrechen, wenn andere nebenan saßen und es mitbekamen. Sie stand wirklich sehr unter Druck. Aber es war keine Essstörung in dem Sinn, sondern sie wollte um Hilfe schreien, weil sie ziemliche Probleme hatte bzw immer noch hat. Sie kämpft mit starken Depressionen. Trotzdem hat mich das Verhalten sehr wütend gemacht, weil ich wirklich bei jedem Kommentar von ihr eigentlich springe und sie nur noch fragen brauch wie hoch und dann macht sie sowas, wo ich doch versuche immer für sie da zu sein. Eigentlich, wenn ich wirklich drüber nachdenke, hat es mich wohl eher hilflos gemacht und auch wütend auf meine Eltern. Ich habe auch das Gefühl, dass wir uns oft wie Konkurrenten gegenüber stehen, da wir von unseren Eltern immer verglichen wurden, aber im Härtefall sind wir füreinander da. Nun kann ich natürlich nicht ausschließen, dass sie nicht mehr erbricht, aber an ihrem verhalten lässt sich nichts dergleichen erkennen, und ich denke bzw hoffe, dass sie es mir sagen würde.
Ist sie denn in Therapie? Mit so schweren Depressionen ist nicht zu spaßen... Ist deinen Eltern denn wenigstens bewusst dass deine Schwester leidet oder kriegen die das gar nicht so richtig mit?
Sie ist in Therapie aber nicht ehrlich, weil sie Angst hat, dass er sie aufgrund von destruktiven Gedanken in die Klinik einweist. Sie redet nur ehrlich mit mir darüber. Das ist sehr angstbesetzt, denn ich bin ständig auf Dauerstress dadurch, weil ich Angst habe Signale zu übersehen. Meine Eltern reden zwar mit ihr darüber, aber wenn sie nicht weiter wissen, rufen sie mich an, damit ICH die Patentlösug weiß. Alles was ich sage, scheint bei denen immer die absolute Wahrheit zu sein. Was ist, wenn meine Gedanken auch mal falsch sind? Es ist ein schweres Thema und ich habe einfach auch Angst um sie, denn sie hat es nicht aus Spaß sondern aus Not getan. Und genau darum, machen mich die Menschen wütend, die es als Diät ansehen und es "mal ausprobieren" wollen um abzunehmen. Interessanterweise hat mir das Zuhören beim Erbrechen meiner Schwester viel mehr wehgetan, als bei mir selber. Ich wünschte einfach, manche Mädchen würden mal genauer darüber nachdenken, was sie tun, wenn sie sich erbrechen "wollen", was eigentlich dahinter steckt.
Mein Gott, du bist ihre Tochter, deine Eltern können doch nicht die ganze Verantwortung was das Thema angeht auf dich abladen?! Hast du mal mit denen geredet dass dieses Verhalten unter aller Sau ist? Das regt mich grad echt auf, so eine Ignoranz! Wenn deine Schwester in der Therapie nicht ehrlich ist, ist das aber nicht wirklich erfolgversprechend... Hast du das Gefühl dass ihr das überhaupt hilft?
Um ehrlich zu sein, nein. Es geht ihr nur schlechter. Sie hat jetzt zwar andere Tabletten bekommen, aber irgendwie kann das ja nicht die einzige Lösung sein. Ich habe mal mit meinen Eltern gesprochen darüber. Als ich aussprach, dass mir die Verantwortung für meine Schwester zu groß ist, meinten sie, sie würden sich mehr um sie kümmern. das Ende des Spiels war, dass sie mit ihr redeten und danach mich anriefen um mir alles zu erzählen und ich dann doch wieder das Gefühl hatte, die Verantwortung zu tragen, weil sie sich damit überfordert fühlen und meine Schwester jemanden braucht, die ihr wieder hinaufhilft aus dem Loch.
Also das Gelbe vom Ei ist das ja auch nicht, wenn du Rollen übernimmst, die du gar nicht erfüllen kannst. Und sich gerade in diesen Beziehungen abzugrenzen, ist sehr schwer. Hast du wenigstens auch jemanden, mit dem du darüber sprechen kannst? Deine Freundin oder andere Ansprechpartner?
Meine Freundin hilft mir dabei immer wieder zu reflektieren und meine Rolle in der Familie klar zu machen, aber ich rutsche trotzdem immer wieder in andere Rollen
Wirklich ein sehr treffender Text.... Es ist furchtbar, dass in vielen Foren etc. immer und immer wieder nach Tipps zum Kotzen gefragt wird.. Das Problem ist, dass ich selbst eine von denen war, die es unbedingt "lernen" wollten. ich war einfach sooooo DUMM! Glaubt mir, das war einer der größten Fehler meines Lebens, wenn nicht gar der größte. Du bekommst gezeigt oder erklärt, wie es denn "funktioniert", weil du selbst zu dämlich bist. Tja, dann schaffst du es und freust dich, auch wenn es natürlich anfangs etwas unangenehm ist. Am nächsten Tag wachst du auf, bist völlig fertig, weil du selbst im Traum nur ans Fressen gedacht hast. Den ganzen Tag über lassen dich die Gedanken ans Fressen nicht los, denn du kannst ja jetzt essen, was du willst, ohne zuzzunehmen- Blödsinn! Ich wünschte, dass meine "Freundin" mir das NIE gezeigt hättte und ich wünschte, dass ich nie so bescheuert und naiv gewesen wäre zu glauben, dass ich es ja "nur hin und wieder mal" machen würde. Ich habe das "Glück", dass ich nicht kotzen kann, weil mein Freund fast immer da ist und das geht einfach nicht, er würde mich direkt in die nächste Klapsmühle bringen, mich im schlimmsten Fall verlassen und das kann ich nicht zulassen. Aber sobald er aus dem haus geht, werden die Gedanken stärker und stärker, Tag für Tag. Manchmal halte ich durch und lasse es, aber hin und wieder gebe ich nach, leider viel zu oft. Jeder kann froh sein, wenn er nicht bulimisch ist oder das Kotzen einfach mal "probiert"- es ist der größte Scheiß und ich denke, dass JEDER, der es tut, gerne ohne zurecht kommen würde. Lasst die Finger davon, es zerstört euch.
Mmmhh...ich weiß ja nicht wies bei dir ist, aber bei mir kamen die FAs VOR dem kotzen und nicht andersrum.
Ich glaube, dass das etwas unglücklich von mir ausgedrückt war Natürlich gab es auch schon vorher FAs, aber die Gedanken ans Fressen waren, seitdem ich das erste Mal gekotzt habe, extremer, konstanter. Ich hatte vorher immer mal FA-Gedanken und auch FAs, aber seitdem ich das erste Mal über der Schüssel hing verfolgen sie mich regelrecht. Ich muss aber auch dazu sagen, dass ich mich nicht als Bulimikerin bezeichnen würde, da ich bisher "nur" 5 Mal Fas+ anschließendes kotzen zu meinen Erfahrungen zählen kann.
Glaub mir, ich kämpfe jeden Tag, auch wenn die Gedanken beinah nicht mehr auszuhalten sind. Aber ich kämpfe.
Zu meinen schlechten Zeiten kotze ich um des kotzens willen. Ich habe FAs um zu kotzen nicht andersherum. Meist dann, wenn ich das Gefühl habe die Probleme 'auszukotzen'. Natürlich kommt es auch schon mal vor, dass ich erst fresse, dann mir bewusst wird was ich tue und dann alles schnell wieder los werden will. Das ist dann aber eher seltener... Ich finde es unverantwortlich andere Menschen auf diesen Pfand zu bringen, der Kreislauf ist einfach zu stark und der Weg zu einem geplatzen Magen oder einer kaputten Speiseröhre oder noch schlimmeres ist schnell gegangen, viel schneller als so mancher glaubt...
Da hast Du absolut Recht, Lynn. Es ist falsch, jemanden auf so einen Pfad zu bringen- als mir meine Bekannte gezeigt hat, wie es geht, fand ich es noch toll, aber das hat sich noch am gleichen Abend geändert. ich dachte, naiv wie ich manchmal sein kann, dass ich es ja ab und an machen könnte, wenn ich wirklich mal über meine Kaloriengrenze gekommen bin oder, dass ich dann ja mal nen FA haben kann und danach alles einfach wieder los werde. Aber es ist einfach nur Horror. Ich muss sagen, dass ich die FAs nicht gemacht habe, um zu kotzen- naja, in gewisser Weise natürlich schon. Aber vor allem wollte ich es können, weil ich dachte, dass es nicht schaden kann, wenn man mal wieder denkt, dass man zu viel gegessen hat. Natürlich ist der Gedanke bescheuert, denn ich denke auch bei 200kcal, dass es viel zu viele waren. Natürlich denke ich jetzt bei jedem verdammten Bissen gleich ans Kotzen. Aber ich kämpfe dagegen an und lasse mich ja auch therapieren. Ich bin zwar noch nicht in einer Therapie, aber beginne wegen meiner anderen psychischen Krankheiten jetzt bald eine und werde auf jeden Fall auch mit an der Kotzerei arbeiten.