sich ertappt fühlen

Geht es euch auch manchmal so, dass ihr euch "ertappt" fühlt. Irgendwie komme ich immer wieder in Situationen, in denen über ES gesprochen wird, und ich hab immer das Gefühl, die warten nur darauf, dass ich mich verplappere.

Gestern hat meine Ärztin mir beispielweise davon erzählt, dass sie frühmorgens ein Mädchen mit 36 Kilo bei 1,72 m zwangseinweisen musste. - Ich habe weiß Gott kein Untergewicht, aber ich konnte richtig spüren, wie mein Gesicht knallrot wurde, ich hatte das Gefühl, es wäre kein Zufall, dass sie das gerade mir erzählt, und sie weiß sicher alles... das ist jedes Mal wieder ein richtiges Schreckerlebnis!

 

Ja! Ja, ja, ja! Es gibt bei mir auch immer wieder Situationen, in denen ich unsicher bin, warum jemand gerade genau das in diesem Moment sagt.

Einmal habe ich beispielsweise mit einer Freundin Stern TV geguckt und zufällig kam da etwas über ein magersüchtiges Mädchen. Und sie dreht sich zu mir und sagt: "Wie man sich das antun kann, das verstehe ich nicht!"
Es ist wirklich so blöd, aber ich wusste gar nicht richtig, was ich antworten soll.
Und so ein langer Blick.

Und ich fühle mich immer furchtbar, wenn jemand plötzlich anfängt, über Diäten zu reden. Manchmal denke ich auch, dass solche Gespräche irgendwie absichtlich inszeniert sind. Aber sicher kann ich mir nie sein und bin dann einfach zurückhaltend mit dem, was ich sage...

Warum hat deine Ärztin dir das denn überhaupt gesagt?

 

.. ich glaub aus Smalltalk-Gründen

 

Es ist halt immer das Problem: sagt man zu viel, ist es verdächtig. Sagt man zu wenig, ist es auch verdächtig...

Da mache ich mir ehrlich gesagt gar keine Gedanken mehr drum. Versuche zu lernen, dass sich die Gedanken anderer nicht ständig um mich drehen und ich dementsprechend auch nicht alles auf mich beziehen brauche.
Die Welt ist noch viel ignoranter als wir denken. Kann auch Vorteile haben...

 

Mir geht es auch ganz oft so...allein schon wenn ich bei meinem Freund bin und wir irgendeine Doku, Serie oder einen Film sehen wo sich dann gaaaanz plötzlich irgendwas um Essstörungen dreht: Ich werde regelrecht apatisch! Ich verkrieche mich dann immer ganz tief in die Kissen und kaue an meinen Fingerkuppen rum...total unauffällig oder -.-
Aber auch in Alltagssituationen, wenn es irgendwie um ES, Diäten, Übergewicht uuuund so weiter geht, könnte ich durchdrehen. Ich denke mir jedes Mal "Lass dir doch jetzt nichts anmerken, je weniger Leute was merken, desto weniger quatschen dir ins Gewissen." aber press' im selben Moment meine Lippen zusammen, gucke verstolen und versuche einfach, alles an mir vorbeiziehenzulassen.

 

Ja mir passieren so ähnliche Sachen auch. Es ist wirklich schlimm wenn Leute anfangen die ganze Zeit über Essen zu reden und dann auf eine Antwort warten und man nicht weiß was man antworten soll. So banale Fragen wie "magst du Schokolade?" Können schon zur Folter werden, weil man schon länger überlegen muss was man antwortet, man kann ja nicht sagen man hasse Schokolade abgrundtief, weil dann die Frage kommt warum das so sei und man ja schlecht sagen kann, das man dann immer gleich zwei ganze Tafel futtert und danach Bauchweh hat und dann noch weiter alle möglichen Kekspackungen aufreißt und frisst bis einem Übel wird und man sich danach hasst und versucht es wieder gut zu machen. Also ist man ständig gezwungen zu lügen, zu sagen Schokolade sei toll und zu lächeln um die Fassade aufrecht zu erhalten, um dann wenn Schokolade angeboten wird dankend abzulehnen und schief angeguckt zu werden. Oder wenn einem ständig gesagt wird man sei aber schon ziemlich dünn und man dann nur "mhhhm" und die Augen verdrehen kann um blos nicht weiter drüber zu reden. Oder was besonders nervig ist wenn jemand einem n Müsliriegel gibt und dann guckt das man ihn isst und seltsam guckt wenn man sagt man isst ihn später. Es ist so schwer neue richtige Freundschaften zu schließen, wenn man ständig irgendwie gezwungen ist zu lügen
Und es fehlt immer jemand mit dem man ungezwungen über alles reden kann ohne ständig alles zweimal zu überlegen und dann schließlich die Lüge aufzutischen.
Kennt ihr das auch das es praktisch selbstverständlich ist, das man fast den ganzen Tag über nie wirklich ehrlich sein kann und sich ständig verstellen muss?
Tut mir leid falls ich etwas vom Thema abgekommen bin :S

 

Genau das ist der Balanceakt... und weder will man irgendwelchen dusseligen Vorurteilen zustimmen, noch will man sich verdächtig machen, indem man zuviel Fachwissen offenbart.

... oder man sagt einfach, dass man Schokolade nicht mag. Geht mir tatsächlich so. Ein Stückchen ist okay, aber mir wird das schnell zu süß und ich finde diesen "Schleim" im Mund ja mal so richtig widerlich.

Gegenüber manchen Menschen kann ich mittlerweile offen sagen, dass ich ein Problem mit dem Essen habe und fertig. Einfach nur als Fakt und ohne, dass ich mehr darüber erzählen oder irgendwie Hilfe haben wollte. Natürlich geht das nicht jeden etwas an, und bei solchen Leuten versuche ich dann auch, möglichst normal zu wirken... vermutlich so verzweifelt, dass es schon wieder unnormal wirkt. >.<

Aber wenn ich jemanden schon länger kenne und mit dem-/derjenigen befreundet bin, kann ich mittlerweile dazu stehen. War zum Beispiel letztes Jahr an Sylvester so, da waren wir bei der Schwester meines Freundes und deren Freund zu Besuch und haben Wii Fit gespielt. Da legt man anfangs ja seinen Account an und soll einige Angaben über sich machen - unter anderem soll man sich eben auch auf dieses Board stellen und wiegen, damit das Gewicht dick und fett auf dem Fernsehbildschirm blinkt. Ich habe offen gesagt, dass ich mich nicht wiegen möchte, weil ich eine ES habe und es mir besser geht, solange ich mein Gewicht nicht schwarz auf weiß vor mir sehe. Und siehe da... es war okay. Der Himmel ist nicht eingestürzt und blöde Fragen kamen auch keine. Gut, die Schwester wusste vorher schon, dass ich "früher mal magersüchtig war", weil wir einige Zeit vorher eine Diskussion über Diäten hatten, aber auszusprechen, dass die ES nach wie vor aktuell ist, war im ersten Moment schon eine ziemliche Überwindung. Aber, wie gesagt, es war okay.
Die gleiche Erfahrung habe ich übrigens auch damit gemacht, nach langen Jahren des ewigen Langärmlig- und Stulpentragens im Sommer endlich einmal kurzärmlig in die Uni zu gehen... es kamen zwar ein paar Blicke, aber weder blöde Kommentare, noch wurde ich irgendwie anders behandelt.
Ich glaube, am meisten stigmatisiert man sich selbst.

WORD!

 

Ich würde gern die Disskusion wieder aufnehmen...

Ich finde es toll, wenn man so offen mit seiner ES umgehen kann!! Dazu braucht es auf jeden Fall viel Vertrauen in die Menschen, denen man es erzählt. Irgendwie schaffe ich das nicht, schauspieler die ganze Zeit und muss lügen.
Aus meiner WG weiß keiner von meiner ES und ich habe Angst das es irgendwann auffliegt. Andauernd drück ich mich vor dem gemeinsamen Essen und erzähle stolz was ich alles schon gegessen habe, das natürlich nicht stimmt.
Selbst meinen Bruder, der über alles bescheid weiß, lüge ich an. Das tut mir selbst so weh, kann es aber leider nicht lassen.

 

Also ich denke, das das lügen bei einer ES irgendwie mit Inbegriffen ist. So oder so lügt man seine liebsten an.
Manchmal überlege ich dann immmer genau ob sie es mir jetzt glauben oder nicht. Dann zähle ich immer richtige kalorienbomben auf die ich angeblich gegessen habe.

Mit dem ertappt fühlen geht es mir teilweise so, aber wenn jemand von ES spricht die jemand haben soll, dann fühle ich mich schon etwas unwohl in deren Gegenwart.

 

Das mit dem Lügen finde ich sooo schlimm manchmal. Dann sitze ich da und denke darüber nach wie ich heute schonwieder alle in meinem Umfeld angelogen habe. Selbst wenn man nur gefragt wird wie es einem geht und man antwortet "gut", damit sie sie auch ja nicht weiternachfragen.
Und dass man es jemandem erzählen kann fand ich auch verdammt schwer. Ich habe mir irgendwie immer gesagt, dass wenn man Dinge nicht ausspricht sie auch nicht ganz wahr sind...und als ich es meinem Freund dann gesagt habe hab ich mich irgendwie geschämt und war gleichzeitig irgendwie auch erleichtert. Aber es war unglaublich schwer...

 

Ohja.

Wenn ich daran denke wie "leicht" mir Lügen über die Lippen gehen..
Es gibt keinen Tag ohne Lüge.
Manchmal frage ich mich schon ob ich überhaupt noch in der Lage bin mal den Mund aufzumachen OHNE zu lügen.

Ist irgendwie schon beängstigend.

 

Auf jeden Fall!!
Aber so traurig mich das auch macht, fühle ich mich immer gut, wenn die Lüge "geklappt" hat und jeder sie abkauft.
Mittlerweile fällt mir das Lügen so leicht, das ich nicht mehr groß vorher nachdenke. Wenn ich ehrlich wäre, müsste ich mir wieder tausend Sachen anhören und es würde sich Sorgen um mich gemacht werden. Alles unnötig denk ich! Eine Lüge macht das Leben manchmal einfach leichter. So blöd das auch ist.

 

... manchmal habe ich auch ein schlechtes Gewissen, denn ich sehe das so wie ihr auch: Es vergeht kein Tag ohne Lüge. Aber es lässt sich eben nicht vermeiden...
gestern hat man mich ertappt: Ich hatte gelogen. Wir wollten abends ausgehen und entschieden uns, also er entschied, dass wir doch etwas essen sollten. Ich sagte: "Ich habe schon gegessen" und er fragte: "Was gab's denn?!" und ich meinte nur"Lamm". Ich erninnerte mich, dass ich MIttags mit meiner Mama über Lammkochen und Weihnachten gesprochen habe und da fiel mir einfach das LAmm ein.
Und am morgen danach waren wir bei meinen Eltern zum frühstück und meine Mama sagt: "Du hast das Lamm zum Probekochen nicht aus dem Gefrierfach genommen, hast du das vergessen?" sein Blick war unglaublich böse....
und später meinte er nur: "Wenn du mich noch einmal anlügst wenn es ums Essen geht!!".
Ich hatte ein unglaublich schlechtes Gewissen...
eigentlich habe ich das immer noch. Hätte ich nicht Nudeln sagen können?!
... naja... kleine Annekdote.

 

Ohje Silence, das ist aber echt blöd gelaufen.
Hoffentlich hilft es dir ein bisschen, das es uns auch so geht!

Wenn man mich fragt ob ich schon gegessen habe und dann wissen will was, hab ich auch manchmal das Problem was "normales" zu sagen.
Aber man kann sich ja was im Kopf bereit legen. Nudeln mit Käsesauce oder so. Oder was ich auch gerne sage: "Ne, ich will heut abend nicht nochmal warm essen, hab heut mittg in der Mensa schon was gehabt." Obwohl ich dort noch nie gegessen habe. Und dann kann man sich auch alles mögliche ausdenken, weil niemand es überprüfen kann.

 

Ja mir geht es da genauso. Zwar weiß keiner so offiziell von meiner ES, dennoch werde ich immer nach dem Essen befragt.
Da sage ich dann meist auch immer Döner oder Türkische Pizza. Kann keiner nachvollziehen und gegenüber meiner Schule ist solch ein Stand.
Also kann es ja immer gut Möglich sein.

Aber das mit dem Lügen ist manchmal wirklich schon hart. Es ist manchmal auch einfach ne Befreiung, damit ich dann in Ruhe gelassen werde.
Wie Amelie schon sagte:

 

Das ist auch meine Standardausrede.

Allerdings muss ich sagen, dass ich scheinbar schon so abgebrüht bin, dass ich es als Ausrede und nicht als Lüge empfinde.
Weil eigentlich tu ich ja niemandem damit weh...

Ist zwar wahrscheinlich unheimlich schwierig, aber kannst du nicht offen mit ihm darüber reden, warum du gelogen hast? Dass du das nicht tust, weil du ihn ärgern willst, sondern weil du ein Problem hast und nur lügst, weil du ihn eigentlich schützen möchtest?

 

Ja als Ausrede kann man es auch schon bald sehen.
Wenn ich nach der Schule zu meiner Mom gehe un chon rieche, dass sie gekocht hat, dan sage ich schon von alleine:" Man bin ich voll. In der Cafeteria gabs das und das.."

Nur blöd wenn mein Magen dann knurrt oder so. Aber der muss ja auch das ganze essen verdauen.

 

@Lilith, oft sage ich ihm die Wahrheit, wirklich... ich meine dann: "Ich kann heute nichts essen" und er versteht das auch... aber wenn sich das an einem Wochenende so stark häuft das ich die Sorge in seinem Gesicht sehe, dann lasse ich mir schon immer mal wieder was einfallen... unter der Woche benutze ich auch immer die Mensa-Ausrede, aber auch da (ich hab aber auch ein Pech!) bin ich schon ertappt worden, als wir mit meinen Kommilitonen ausgingen und einer meinte: "Warum gehst du nie mit uns essen in die Mensa?" blöd gelaufen... daher ist er eben etwas hypersensibel wenn es um Ausreden geht...
aber es geht nicht anders. Mensa-Lüge also auch gestorben.
Manchmal skypen wir abends, dann lasse ich irgendwas gekochtes auf dem Herd stehen so, dass er es im Hintergrund sieht. Das ist schon sehr gerissen, wie ich finde. Aber es hilft ihm.
Das verstehe ich immer nicht: Mein Magen knurrt NIE! Ich habe auch schon 7 Tage nichts gegessen und nur Wasser und Kaffee getrunken und mein Magen knurrt einfach nicht? Komisch...
Aber hilfreich. Ich frage mich nur immer, ob er überhaupt etwas tut?!
Döner oder türkische Pizza lege ich mir jetzt auch zurecht, vielen Dank!

 

Silence, dein Magen knurrt nie?? Das fände ich toll bei mir. Manchmal tut mir das knurren nämlich weh oder hindert mich am Einschlafen. Aber auf der anderen Seite fühlt es sich auch gut an, weil ich dann schon länger nichts zu mir genommen habe.

Kommilitonen fragen mich auch manchmal ob ich mit in die Mensa gehe. Dann sag ich meistens, ich esse lieber abends warm, ich habe was vor und muss nach dem Seminar sofort weg oder ich sage, ich bin heut abend zum Essen eingeladen. Sie fragen dann nicht weiter nach.
Wenn ich dann zu Hause sage, ich hab dort schon gegessen, merkt das ja keiner. Also lügt man quasi "beide Seiten" an. Aber ohne sich zu verstricken.

Döner und Pizza sind immer super Ausreden!

 

Also mein Magen knurrt manchmal auch, aber dann sind auch schon eher Magenschmerzen mit bei.
Aber ich habe gut gelernt damit umzugehen und mich dem zu wiedersetzen.

Es fühlt sich ja auch schon irgendwie gut an, wenn der Magen leer ist.