'Ana' in einer Beziehung oder der Rollentausch

Dieses Thema im Forum "Diskussionen" wurde erstellt von JeuneFille, 13. Juli 2015.

  1. Gast

    JeuneFille

    Expand Collapse

    Top Poster des Monats

    Huhu liebes Forum:)
    vielleicht ist das jetzt etwas blöd und unpassend, aber nach dem letzten Threat, in dem eine Freundin mit 'Ana' gesucht wurde, hab ich mich intensiv mit der Frage beschäftigt was ich tun würde wenn mein Partner eine Essstörung hätte, ganz egal welche.
    Es hat so geendet, dass ich den Tränen nahe war weil ich die Vorstellung so schrecklich fand. Ich hab noch nie so darüber nachgedacht, weil für mich immer die Rollen irgendwie klar waren, ich bin die mit der Essstörung und mein Freund ist der der sich halt etwas um mich sorgt aber im großen und ganzen ist es 'gaaanz bestimmt' kein wichtiges Thema für ihn, ist ja nur meine Sache.
    Aber ich glaube, das ist gar nicht so wie ich immer gedacht habe. Wenn ich mir vorstelle dass die Rollen 'getauscht' sind und mein Partner/Partnerin eine Essstörung hat dann kommt in mir, allein von der Vorstellung, komplette Hilflosigkeit hoch(man muss dazu erwähnen dass ich übermäßig empathisch bin:D).
    Wie schrecklich muss es sein, jemandem dabei zuzusehen, wie er sich selbst haltlos zerstören will? Wie er komplett gegen die objektive(!) Vernunft handelt? Und man möchte so gerne, aber kann es einfach nicht verstehen? Weil bei mir zum Beispiel, das klingt richtig blöd glaub ich weil ich habe ja selbst auch eine starke Körperschemastörung, aber ich kann etwa bei anderen Magersüchtigen nicht verstehen dass sie sich zu dünn sehen und ich kann zwar nachvollziehen, warum sie das tun, aber nicht, wieso sie nichts ändern weil sie doch so dünn sind. Wisst ihr was ich meine? Also, wie muss das dann für meinen/eure Partner/innen sein? Versteht mich nicht falsch, ich will um gottes Willen nirgendwo ein schlechtes Gewissen auslösen oder ähnliches oder irgendwas in dieser Art, ich will nur meine neue Erkenntnis irgendwem mitteilen.
    Ich glaube ich habe bis gerade die Situation komplett unterschätzt. Ich habe beispielsweise die Gründe immer verdrängt, wieso mein Freund mich zum Essen einladen möchte, oder wieso er unbedingt möchte dass ich morgens frühstücke, lauter solche kleinen Sachen die sich einfach summieren.
    Wieso gestehe ich mir nicht ein, dass er sich um MICH Sorgen macht? Wieso kommt mir das so vollkommen unlogisch und unvorstellbar vor? Wieso rede ich mir das alles weg? Ist es Egoismus, weil ich seine Gefühle praktisch ignoriere um meine Essstörung zu behalten, obwohl ich mich eigentlich gut in andere reinversetzen kann? Ich hab keine Ahnung.
    Ein kleines Beispiel: Er weiß, dass ich zweimal kurz vor dem Tod stand und einmal reanimiert werden musste, und öfter stationär untergebracht war. Er hat gefragt und ich habe offen geantwortet. Er war total schockiert, vorallem, weil ich das so emotionslos, eher sogar mit Humor erzählt habe. Für ihn ist das total schrecklich, aber für mich ist das...halt einfach so. Nichts gutes, nichts schlimmes. Klar, objektiv betrachtet, wenn mir das jemand erzählen würde, wäre ich auch über alle Maßen schockiert. Aber meine eigenen Erfahrungen? Ne, gibt schlimmeres :D Versteht ihr was ich meine?

    Und ich stelle es mir noch schlimmer für beide vor, wenn beide die Situation kennen. Ich würde mich total beobachtet fühlen weil er meine Gedanken aus eigener Erfahrung kennen würde und wüsste, was in mir vorgeht. Ich glaube, wenn ich so eine Beziehung in dieser Art hätte, würde sie oberflächlich aus reiner Fassade und darunter aus einem unendlichen und unausgesprochenen Wettstreit bestehen.
    Oh man es tut mir richtig leid weil ich glaub der Text ist richtig unverständlich und unlogisch geschrieben und so weiter, aber das sind so die Gedanken und die Fazite zu denen ich gekommen bin...Sorry für mein Gedankengewirr :D

    Ganz liebe Grüße und alles alles Gute!
    (und mir ist gerade aufgefallen dass ich seit ziemlich genau 3 Jahren hier Stammgast bin und dass sich so viel verändert hat in meinem Leben! Ich bin mittlerweile sogar 'schon' 19! Wie schnell die Zeit vergeht :) )
     
  2. Probezeit nicht bestanden

    Mania

    Expand Collapse

    43
    0
    0
    Dabei seit 14. Juli 2015
    Hallo JeuneFille,
    ich habe deinen Text in den letzten Tagen mehrmals gelesen und muss sagen, ich finde ihn gar nicht unverständlich oder verworren. ;) Tatsächlich habe ich öfters daran denken müssen. Ich habe mir selbst nie wirklich Gedanken gemacht, wie es wäre, der gesunde Partner eines Essgestörten zu sein und muss ehrlich sagen, ich weiß nicht, wie gut ich damit umgehen könnte. Vor allem, wenn ich als Partner wenig Ahnung von Essstörungen hätte. Natürlich kennt jeder die offensichtlichen Klischees, aber mehr scheinbar leider nicht.
    Gerade in letzter Zeit habe ich mit meinem eigenen Partner offener über die ES gesprochen, als wir es vorher getan haben und ich konnte mich ein wenig besser in seine Rolle hinein versetzen. Ich denke, es ist einfach schwierig damit klar zu kommen, da der Partner ja in vielen Fällen gar nicht direkt "helfen" kann, obwohl er das Bedürfnis natürlich vermutlich hat. Manchmal glaube ich, als Partner rettet man sich dann in Dinge, die zunächst die offensichtliche Problematik behandeln: Lieblingsspeisen kaufen, Einladungen zum Essen, uns bitten dass wir frühstücken, wie du sagtest. Das trifft natürlich nicht die eigentliche Ursache, allerdings weiß ich nicht, ob diese überhaupt so deutlich zutage treten wird, dass man in der Beziehung damit "arbeiten" kann.
    Und zu guter Letzt hat es ja einen Grund, weshalb Ärzte und Therapeuten oft keine Familienmitglieder behandeln... zu viel Nähe erschwert die Arbeit, bei der man eigentlich objektiv bleiben sollte.

    Oha, jetzt bin ich aber abgeschweift. Jedenfalls wollte ich dir sagen, dass mich dein Post durchaus zum nachdenken angeregt hat und ich mir einiges daraus mit nehmen konnte.
     
    Collapse Signature Expand Signature
  3. ehemaliges Mitglied

    Püppchen

    Expand Collapse

    1
    38
    Dabei seit 23. Februar 2015
    Hallo,

    also ich bin in einer Beziehung mit einer Dame, die ebenfalls essgestört ist. Und die eben so wie ich immer mal Phasen hat, wo es akut ist und dann welche, wo Essen nicht so problematisch ist. Aber dennoch das Gefühl zu dick zu sein/werden fast täglich ein Thema ist.
    Da wir generell sehr viel miteinander reden, kommen wir damit aber gut zurecht. Wir wissen wieso die andere wie handelt und können es ganz gut akzeptieren. Unsere akuten Phasen haben wir meist zusammen, natürlich triggert man sich dann gegenseitig sehr schnell. Und wenn ich dann wieder anfange zu kotzen, tut ihr das auch sehr weh. Damit kann sie immer noch nicht so gut zurecht kommen. Aber grundsätzlich verstehen wir einander und wieso die andere eben nicht einfach so "gesund sein kann". Dass das eben nichts ist, was man einfach so ablegen kann.

    Dass wir wirklich deshalb Probleme hatten war eigentlich nur in der Phase, wo ich wirklich täglich gekotzt habe und sehr aggressiv wurde, wenn ich gemerkt habe, wie sehr es ihr weh tut und ich aber so hilflos war, weil ich das Kotzen nun einmal nicht aufgeben wollte. Bin diesbezüglich ständig in einer Zwickmühle. Aber auch da hilft es, wenn man miteinander offen redet.

    Und glücklicherweise hört sie auch einigermaßen auf mich und kennt ihren Körper sehr gut. Das letzte mal hat sie schnell sehr abgenommen und war am Ende sehr kraftlos. Da hat sie selbst gemerkt, dass sie wieder zunehmen muss, um im Alltag zu funktionieren und dass ich sie eben zu dünn finde und mich das traurig gemacht hat. Ich meine - ich sehe ja nur mich selbst nie als dünn (genug), kann das bei ihr aber sehr objektiv betrachten und ab einem gewissen Untergewicht finde ich sie auch nicht mehr erotisch, sondern halt eher ästhetisch schön - mache mir dann aber überwiegend Sorgen um sie. Und da sie das bei mir ebenfalls so hat, kann sie das verstehen.

    Liebe Grüße
    Püppchen
     
    Collapse Signature Expand Signature
  4. Probezeit nicht bestanden

    Mania

    Expand Collapse

    43
    0
    0
    Dabei seit 14. Juli 2015
    Hallo Püppchen,
    so schwierig das mit Sicherheit oft ist, schön zu hören, dass es für euch gut funktioniert. Da habt ihr ja im Endeffekt jeweils beide Sichtweisen - der Erkrankten und der Partnerin.
    Glaubst du, es wäre einfacher, wenn nur einer von euch eine ES hätte? Oder würde es das schwieriger machen, weil dann das Verständnis für bestimmte Stimmungen und Verhaltensweisen fehlt? Ich glaube, einen gesunden Partner muss es wahnsinnig Mühe kosten, zu verstehen und zu akzeptieren, wie irrational wir uns mitunter verhalten.
    Habt ihr manchmal Momente, in denen sich die ES in den Vordergrund schiebt und die restlichen Aspekte der Beziehung verdrängt?

    Verzeih mir bitte, wenn ich zu neugierig sein sollte. Ich finde es einfach wirklich bewundernswert, wie gut ihr euch anscheinend arrangiert habt.

    Liebe Grüße,
    Mania
     
    Collapse Signature Expand Signature
Die Seite wird geladen...
Ähnliche Themen
  1. Fuzzy
    Antworten:
    2
    Aufrufe:
    1.566