Wege einer Sucht

Dieses Thema im Forum "Diskussionen" wurde erstellt von lemmie, 9. April 2017.

  1. Gast

    lemmie

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    Top Poster des Monats

    Hallo zusammen,
    ich versuche es mal mit einem Thema, was mich akutell sehr beschäftigt.
    Mal ein wenig ausgeholt, ich habe mich schon immer an unlogischen Verhaltensweisen gestört Ich konnte etwas, was unlogisch ist, nicht verstehen. Beispielsweise, jemand sagt, es soll sich was ändern, aber eben nichts anfängt, so in der Art.
    Nun ist das mit der Essstörung meiner Meinung nach ähnlich. Man tut etwas, was einem vermeintlich hilft,hofft, dass es einem besser geht, aber genau das Gegenteil passiert, man richtet sich zu grunde - körperlich auf jeden Fall und psychisch/seelisch erreicht man nur temprorär eine vermeintliche (wahrscheinlich illusionäre) Besserung. Ist doch unlogisch!?
    Und warum machen wir das dann?

    An dem Punkt komme ich für mich zumindest immer nicht weiter. Ich bin ein rationaler Mensch und mache immer wieder und wieder irrationale Sachen. Im Moment z. B. habe ich das Bedürfnis zu essen, so könnte ich essen und essen und essen. Vorher, mittendrin und natürlich danach geht es mir schlecht, vielleicht sogar noch schlechter als vorher? weil mir schlecht ist, weil ich panische Angst habe, dass die Waage morgen viel zu viel mehr anzeigen wird, weil ich Angst habe, dass man mir das sofort ansehen könnte, Angst davor angreifbar zu werden usw.
    Trotz all dieser Gedanken, esse ich weiter, denke darüber nach, wo ich am Sonntag noch Eis herbekommen könnte..
    Ich kann das alles sehen, meine Gedanken, meine Gefühle und meine Handlungen beobachten, aber ich kann diese nicht stoppen. Ich kann nicht sagen, wie bei anderen Sachen: ich mach das jetzt nicht, weil es mir schlecht gehen wird.
    Warum geht das nicht?
    Warum hat Essen eine solche Macht?
    Das geht auch andersherum "wunderbar", wenn ich nichts esse, fühle ich mich stark und bestärkt, esse weiter nichts, auch wenn ich die Konsequenz kenne.
    Ist Sucht ein Fass ohne Boden? Ist Sucht Angst vor den eigenen Gefühlen?
    Ihr kennt das ganz bestimmt auch und ich wollte jetzt sicherlich keine alten Kamellen lostreten. Ich habe dieses Thema auch schon zig mal in den letzten Jahrzenhnten durchgekaut, aber verstehen, so richig nachvollziehen werde ich das wohl nie(?)
    Seid ihr damir vielleicht schon weiter als ich?

    VG, lemmie
     
  2. Member

    Jana Monday

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    29 Jahre alt
    Dabei seit 7. Oktober 2016
    Das klingt sooooo nach mir xD

    Hm, ich denke dass die Sucht immer etwas unlogisches hat. Wäre sie logisch, wäre sie kontrollierbar und dann wäre es keine Sucht mehr. Denn Sucht bedeutet ja, dass etwas dich kontrolliert, anstatt andersherum. Und deshalb kannst du meiner Meinung nach ein so logischer Mensch sein wie du willst, solange du in so etwas wie einer Sucht gefangen bist, wirst du weiterhin unlogische Dinge tun. (Gosh, klingt das pessimistisch, sorry^^)
     
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  3. ehemaliges Mitglied

    Eowyn

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    Dabei seit 12. April 2010
    Puh, Du schiebst hier ein sehr komplexes Thema an.

    Eventuell und ja.

    Ich denke, ersteres kann man verhindern, indem man sich seine Situation bewusst macht und versucht zu lernen damit umzugehen. Ich sage bewusst umzugehen, da wir mit unserer Sucht ja in dem Paradoxon leben, dass wir dieses Thema eben NICHT aus unserem Leben verbannen können, so wie zum Beispiel jemand der Alkoholkrank ist.

    Die Ursache der ES liegt bei jedem individuell zu Grunde, aber ja, ich würde schon sagen, dass es sich irgendwie immer auf die emotionale Ebene bezieht.

    Ich habe für mich persönlich, nach rd. 30 Jahren, den Schluss gezogen, dass ich mich mit meiner ES arrangieren muss und zwar in dem Maße, dass ich gesund ein aktives Leben führen kann. Dazu gehört ein individuelles Wohlfühlgewicht, ob das nun BMI-konform ist oder auch nicht und das egal in welche Richtung. Gleichzeitig gehört dazu sich akzeptieren zu lernen und zwar mit allen Ecken, Kanten und "Schrullen" die man so hat. Und nein, keiner muss genau so sein, wie Eltern, Freunde, Kollegen, etc. einen gerne hätten!

    Zur Logik: ich bin auch ein sehr logischer und rational denkender Mensch und auch ich weiß, dass das, was ich da manchmal tue nicht gut für mich ist - und mache es trotzdem! Das ist das Wesen einer Sucht und deswegen ist es eine Krankheit und keine mangelnde Disziplin. Deswegen ist uns auch mit einem "dann hör doch einfach damit auf" oder "iss doch einfach mal normal" nicht geholfen. Was helfen kann, ist verstehen zu lernen was die Ursachen sind und welche Situationen gefährlich werden können und dann versuchen sie zu vermeiden. Hier können wir dann unseren Grips gewinnbringend einbringen, damit er uns hilft einen Weg zu finden. Für die Sache an sich ist die Logik meines Erachtens leider fehl am Platz.
     
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  4. Probezeit nicht bestanden

    Pandora

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    Dabei seit 9. März 2017
    Das Problem bei Esstörungen ist mMn einfach, dass durch irgendwas in der Vergangenheit(muss nichtmal ein konkreter Auslöser sein) sich irgendwas mit dem "Belohnungssystem" MASSIV verschoben hat, nur, dass es anders wie bei Drogen (abgesehen von schwerer Heroinabhängigkeit), um etwas geht, ohne das man eben NICHT leben kann/alltäglich ist, man kann nicht abstitent von der Nährstoffaufnahme werden, noch diese auf ein Maß perfektionieren, dass man nicht doch wieder "angefixt" wird.

    Habe auch mal gelesen, dass es "normal" ist, wenn man lange gehungert hat und dann wieder isst, der Körper darauf ähnlich wie auf eine Depression reagiert (bzw die Hormone/Serotonin rumspackt, die Verdauung sowieso im Eimer ist, Enzymmangel und und und), es ist einfach so tricky, da Verdauung allgemein viel Einfluss auf Hormonproduktion&Stimmungslage nimmt, wenns um sowas geht, wars das mit sämtlicher Rationalität.
     
  5. Member

    Calla

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    30 Jahre alt
    Dabei seit 9. Oktober 2016
    Super Thema. Ich versuche jetzt auch mal meinen Senf dazuzugeben, bin mir jedoch nicht sicher, was dabei herauskommt, da es ja doch schon ziemlich spät und meine Konzentration quasi kaum mehr vorhanden ist.

    Ich habe in der Vergangenheit sehr viel mit Drogen am Hut gehabt und würde es so beschreiben: Man tut es für den Thrill. Man weiß, dass es nicht gut für einen ist, weiß, dass das Gefühl nicht von langer Dauer ist, weiß, dass es einem das Geld aus der Tasche zieht, und trotzdem sehnt man sich nach dem nächsten Rausch. Man würde fast alles machen, um dieses Gefühl der Ekstase noch einmal zu erleben und verliert in diesem Prozess völlig den Bezug zu sich selber.
    Wenn ich es jetzt mal auf die Bulimie beziehe, macht das alles noch viel weniger Sinn; man gibt Mengen an Geld für Berge von Essen aus, feiert Orgien mit sich selber, erlebt multiple Geschmacksorgasmen, und kriecht dann voller Schmerzen und Selbsthass zur Toilette, um sich wieder von der Zwanzig Euro Mahlzeit zu entledigen. Danach liegt man im Bett, durstig und schwach, und schwört sich, dass das nie wieder passieren wird.
    Ja ja. Von wegen. Wenn man erstmal wieder aus seinem Dämmerschlaf erwacht ist und Kraft gesammelt hat, geht der Spaß wieder von vorne los. So war es jedenfalls bei mir in meinen schlimmsten Zeiten, wo ich die Schule geschwänzt und mehrmals täglich gefressen und gekotzt habe, nur um mich mal wieder "glücklich" zu fühlen. Denn genau das war es für mich - Glück. Ich habe alles um mich herum vergessen, wenn ich das Essen in mich reingestopft habe und die verschiedenen Geschmäcker auf der Zunge hatte. In diesen Augenblicken war alles gut, alles Schlechte vergessen, und es existierte nur noch dieses wunderbare Essen und ich.
    Egal, dass da manchmal bis zu 40 Euro am Tag in der Toilette gelandet sind. Egal, dass ich jede Woche mindestens einen Tag gefehlt habe in der Schule. Egal, dass meine Noten abgesackt sind und ich nicht mehr hinterherkam. Egal, dass die Augen meiner Eltern immer sorgenvoller wurden.
    Scheißegal. Denn das, was wirklich zählte, war dieser Moment, wo der erste Bissen im Mund war und sich Geschmacksexplosionen entladen haben.

    Da kann man nicht mit Logik rangehen, das ist alles pure Emotion.
    Diese Tatsache muss man erstmal akzeptieren, und dann kann man weitersehen und sich dran machen, das Ganze verstehen zu lernen und zu schauen, was genau man eigentlich möchte, was genau die Essstörung einem gibt, und was man tun könnte, um sich von dem ganzen Bullshit zu befreien.

    Ich glaube, das liegt unter anderem auch an der Fülle von Essen, der wir ausgesetzt sind. Man wird tagtäglich damit konfrontiert, an jeder Ecke gibt es einen Essensstand, Essen ist immer verfügbar, es gibt so viele verschiedene Varianten von Essen, wer steigt da schon durch bei Begriffen wie "probiotisch", "rechtsdrehend", "lakto-vegetarisch" etc.? Es ist eine permanente Reizüberflutung, der man sich nicht entziehen kann, und ich glaube, dass diese Tatsache mitverantwortlich ist für diese Misere.
     
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  6. Member

    Jana Monday

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    1.096
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    29 Jahre alt
    Dabei seit 7. Oktober 2016
    Soooo schön dich wieder zu lesen. *awww**awww**awww*

    Ich kann dir eigentlich voll zustimmen, es ist pure Emotion, auch beim Hungern. Zumindest war es bei mir immer so. Entweder war es die Emotion etwas beweisen zu müssen, anderen, aber vor allem auch mir selbst, aber auch dieses "Wenn ich hungere, dann fühle ich mich selbst nicht mehr so sehr." Also bei mir vielleicht auch gerade der Versuch den Emotionen zu entkommen. Dennoch emotionale Ebene und deshalb ist dem Ganzen mit Logik seeeehr schwer beizukommen. Deshalb werden wir auch so selten verstanden.
     
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  7. Gast

    lemmie

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    Top Poster des Monats

    Hallo und vielen Dank für eure Meinungen zu diesem Thema.
    Ich habe die Zitierfunktion nicht gefunden oder vielleicht ist das gar nicht möglich als "Gast" ?
    Daher werde ich einfach so drauflosantworten ;)

    @JanaMonday "Denn Sucht bedeutet ja, dass etwas dich kontrolliert"
    Ich glaube, dass etwas, was Kontrolle ausübt nicht zwangsläufig unlogisch sein muss. Kontrolle kann ja auch ganz hilfreich sein, bis zu einem gewissen Grad. Sucht ist, so glaube ich, ein Superlativ von Kontrolle? Also eben nichts Gesundes mehr - passt vielleicht eher zu den Zwangsstörungen, da gibt es ja diese krankhafte Kontrolle?

    "solange du in so etwas wie einer Sucht gefangen bist, wirst du weiterhin unlogische Dinge tun."

    Ich empfinde das nicht wirklich als pessimistisch, sondern als realistisch. Beschreibt es doch wie es ist. Denken und Handeln werden eben "fremdbestimmt" - also nicht von einer anderen Person, aber nicht mehr rational durchdacht. Es gibt ja so Kopfgesteurte Menschen, die ihre Gefühl total gut im Griff haben (die beneide ich ehrlich gesagt) und dann gibt es die Gefühlsgesteuerten Menschen, die vielleicht einfühlsamer aber auch sensibler sind? Und wahrscheinlich gibt es auch viele Gesunde, die das beides gut können. Ich zähle mich zu zweiterer Gruppe und vielleicht ist wieder ein zuviel hiervon oder davon dafür verantwortlich, dass man eher in ein Suchtverhalten rutscht? Sorry, ich schweife ein wenig ab....

    @Eowyn@Eowyn

    Danke für den Hinweis des "sich Bewusst Machens" -vergesse ich ganz oft - rutsche weiter rein, ohne so ein STOP, damit könnte man dem vielleicht begegnen und entgegenwirken!?

    Komplexes Thema, j,a da geben ich dir voll und ganz Recht. Es ist ja auch sehr individuell, nicht nur was die Ursachen angeht, sondern ich denke, dass jeder ein anderes Suchtverhalten hat. Vielleicht. Und so werden die Wege da raus auch total unterschiedlich sein. Ja, Essen verbannen wird schwierig, brauchen wir zum Überleben, Alkohol, Drogen usw. nicht! Aber es geht doch auch oder gerade um das Verhalten. Wie gehe ich z. B. mit negativen Gefühlen um?
    Beispiel: ich habe bei der Arbeit eine mich sehr belastende Situation erlebt, das Erste was mir in den Sinn kam,war: was könnte ich mal essen - oder ich muss nachher Sport machen, um dieses Gefühl der Unzulänglichkeit wegzubekommen.

    "Ich habe für mich persönlich, nach rd. 30 Jahren, den Schluss gezogen, dass ich mich mit meiner ES arrangieren"

    Du hast da schon ähnlich lange mit zu tun wie ich. Ich finde das toll, dass du das für dich so erkennen und umsetzen konntest. Darf ich fragen, wann du zu diesem Schluss gekommen bist, also nicht mehr nach irgendwelchen Kompromissen gesucht hast?
    Selbstliebe ist in der heutigen Gesellschaft schwer zu praktizieren - hohe Erwartungen, Funktionieren, egal um welchen Preis, Reduktion auf äussere Werte, innere Werte sind im Grunde uninteressant usw.
    das ist ja so schon schwer, wenn man gesund ist - das hab ich früh verstanden, dass ich die Angriffsfläche nehme, wenn ich "perfekt" bin, koste es was es wolle und letzlich führt es zur Selbstaufgabe - wer ist man am Ende denn noch?

    "Was helfen kann, ist verstehen zu lernen was die Ursachen sind und welche Situationen gefährlich werden können und dann versuchen sie zu vermeiden. Hier können wir dann unseren Grips gewinnbringend einbringen, damit er uns hilft einen Weg zu finden."

    Schön gesagt! Sehe ich auch so. Dazu muss ich aber sagen, dass mir das Wissen um die Ursachen nicht immer weiterhilft. Ich weiss auch genau, warum ich jetzt wieder reinrutsche und rutsche dennoch. Sucht ist definitiv eine Krankheit - egal was für eine. Wenn es mangelndes Selbstwertgefühl ist, durch was auch immer kann man daran arbeiten, es versuchen. Auch das weiss ich und trotzdem...

    Vielleicht ist Logik alleine Fehl am Platz!?

    @Pandora@Pandora
    Das Bild von dem Belohnungssystem finde ich gut. Ist ja auch so, Essen = Zucker geht an Dopaminrezeptoren = Belohnung. Hungern löst ja auch so einen Überlebensmechanismus aus, der "glücklich werden"lässt- Sorry, im Einzelen weiss ich da nicht mehr zu, aber lässt sich alles biochemisch irgendwie erklären. ;)
    Und ja im Darm sitzt auch ein Teil des Nervensystems, ein Stück Seele wenn man so will - aber ich will hier nicht rumklugscheißen bzw. so Halbwissen um mich werfen. Soll eigentlich nur zeigen, wie interesaant ich diese Zusammenhänge finde.
    Aber, was nützt all die Theorie, wenn man sie nicht umsetzen kann.

    Umsetzen war schon immer einer meiner großen Schwachpunkte. Kennt ihr das auch?

    @Calla@Calla "In diesen Augenblicken war alles gut, alles Schlechte vergessen, und es existierte nur noch dieses wunderbare Essen und ich."

    Danke erstmal für deine Offenheit. Du beschreibst das mit den Drogen so wie ich mir das in etwa vorgestellt habe. Alles geht um diesen Kick, diesen Moment des Hochgefühls.
    Das obige habe ich zitiert, weil ich das gut nachvollziehen kann. Zu meiner Schulzeit war ich nicht sehr beliebt. Ich war die schwarzgekleidete Metall/Rock/Grunge hörende Ausenseiterin, die in einer "Spießerschule" (sorry, wars aber) nirgends rein passte. Es war die Hölle so im Rücken das Getuschel zu spüren und so malte ich mir im Unterricht immer schon aus, was ich mir nach der Schule kaufen würde, um es dann zu essen. Das hat mich über den Schulallatg gerettet. Wobei da dann noch ein weiteres Problem hinzukam, ich nahm zu = noch mehr Angriffsfläche. In der Zeit habe ich mein absolutes Höchstgewicht erreicht (siehe Bewerbung) usw.

    "Denn das, was wirklich zählte, war dieser Moment, wo der erste Bissen im Mund war und sich Geschmacksexplosionen entladen haben."

    Seufz, ja genau das! Ich kann das wirklich gut nachvollziehen.

    "was genau die Essstörung einem gibt,"

    Ja, eine wichtige Frage. Muss ich mich wohl nochmal mit auseinandersetzen.

    Wegen der Macht des Essens bin ich anderer Meinung. Evtl. erfüllt es so ein Urbedürfnis nach Geborgenheit? Hm, vielleicht passt das auch gar nicht. So vom Stillen her?

    @Jana Monday@Jana Monday

    Wenn du von purer Emotion schreibst, welche Gefühle meinst du damit genau?

    Ich fühlte und fühle mich leider immer noch sehr stolz, sark und unbesiegbar, wenn ich abnehme, dünn bin. Sobald ich auch nur ein wenig zunehme, ist da ganz viel Angst.

    "Also bei mir vielleicht auch gerade der Versuch den Emotionen zu entkommen."

    Ja, trifft es , zumindest auch bei mir. Nichts zu spüren ist in "scheiß Zeiten" ein sehr angenehmer Zustand.

    Tja, wieder so eine mir oft gestellte Frage: Wie bekomme ich diesen Spagat hin, Verstand und Gefühl miteinander in Einklang zu bringen?

    Ich wünsche euch einen schönen erholsamen (Feier-)Abend!

    VG, lemmie
     
  8. Member

    Jana Monday

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    1.096
    173
    29 Jahre alt
    Dabei seit 7. Oktober 2016
    Dein Satz widerspricht sich. Mein Punkt ist ja, dass du keine Kontrolle ausübst, sondern dass die äußeren Umstände Kontrolle über dich ausüben. Und das ist immer schlecht.

    Die Zitierfunktion: Text markieren, dann geht eine graue Blase auf und da auf "Zitieren" drücken.
     
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  9. Gast

    lemmie

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    Top Poster des Monats

    Hi JanaMonday,

    ja,stimmt, ich habe das unschön formuliert. Ich meinte Kontrolle von einem selber ausgehend, nicht immer schlecht sein muss. "sich, eine Situation unter Kontrolle haben"? so in etwa.

    VG, lemmie
     
  10. Member

    Jana Monday

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    1.096
    173
    29 Jahre alt
    Dabei seit 7. Oktober 2016
    Stimmt, das ist nicht immer schlecht. Aber dann ist es halt auch keine Sucht, sondern eher das genaue Gegenteil^^
     
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  11. Probezeit nicht bestanden

    Pandora

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    181
    20
    25
    Dabei seit 9. März 2017
    #11 Pandora, 11. April 2017
    Zuletzt bearbeitet: 11. April 2017
    Ich finde ehrlichgesagt auch nicht, dass Sucht&Kontrolle unbedingt so zusammenhängen.
    Du verlierst die Kontrolle über dich selbst, daraufhin gerätst du in eine Abhängigkeit, suchst quasi ne neue Kontrolle/Anker/Wegweiser, ich finde, dass Kontrolle eher ein aktiver Begriff ist, diese Kontrolle aber eher passiv abläuft/indirekt ist (ich google mal gleich, gibt im Deutschen locker einen eigenen Begriff für passive Kontrolle :D )
    Auch finde ich nicht, dass von Außen kontrolliert werden prinzipiell schlecht ist, oder zu unlogischem Verhalten führt, kommt auf die Umstände an, da man komplett ohne Kontrolle (von außen und sich selbst) eher anfällig für irrationale Dinge ist, quasi wie ein Freifahrtschein (wie im Vollsuff zB, bei labilen Leuten kann das ganz schön in die Hose gehen, während stabile eben einfach nur voll sind)

    Edit: an unterwirft sich den äußeren Gegebenheiten? Vielleicht passt das ja besser hm
     
  12. Newbie

    Aimee

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    44
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    Dabei seit 28. Januar 2014
    Es kommt einem zwar irrational vor, aber das kann unsere Krankheit nun mal auch sein. Die Art, wie sich unsere Essstörung zeigt ist bei allen unterschiedlich und ich verstehe sehr gut, was du beschreibst und meinst.
    Was ich gelernt habe ist, dass das eine das andere nie ausschliessen muss und alles möglich ist, wenn auch ziemlich gegensätzlich..

    In meinem Fall ist es zum Beispiel so, dass obwohl ich weiss dass es ebenso schlecht ist was ich tue in dem Moment und von den anderen Abläufen meiner Erkrankung total abweicht, es mir trotzdem in dem Moment zu "helfen" scheint auf eine Art, die ich gleichzeitig aber auch bereue oder kurz danach. Mit dem was wir tun, verbinden wir ja gleichzeitig auch etwas. Einen Zusammenhang hat es also immer. Unsere Essstörung hat ja mit der Psyche zutun und wann ist die schon rational wenn man krank ist? ;)
     
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  13. ehemaliges Mitglied

    Eowyn

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    194
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    Dabei seit 12. April 2010
    oje, eigentlich ist diese Erkenntnis ganz frisch zum 2. Mal gereift. Ich habe eigentlich erst vor ca. 8 Jahren bewusst gemerkt in welchem Sumpf ich stecke, hatte bis dahin mit meiner ES quasi in einer Parallelwelt gelebt und galt nach aussen hin seit über 20 Jahren als "geheilt".

    Ich hatte 2009 eine Therapie wegen unerfülltem Kinderwunsch begonnen, das Thema war nach 3 Sitzungen durch und es tat sich ein dunkler innerer Abgrund auf. Da ging es dann los mit bewusst machen, dagegen ankämpfen, arrangieren, dann doch wieder kämpfen, dann versuchen es zu bagatellisieren bzw. zu ignorieren, ablenken durch mehr Arbeit bis zu totalen Überforderung, dann merken, dass ich dadurch wieder mehr reinrutsche und jetzt letztlich die Erkenntnis, dass ich mein Leben komplett ändern muss wenn ich eine Chance haben möchte. Meine Krankheitsgeschichte macht es nicht einfacher, auf der anderen Seite bin ich dankbar, dass ich einen Partnern und den wirtschaftlichen Background habe um so eine Veränderung durchziehen zu können. Theoretisch weiss ich genau was ich tun sollte. Trotzdem ist irgendetwas in mir, dass mich immer wieder daran hindert, das richtige zu tun. Mein Therapeut nennt es mein "Selbstvergewaltigungsgen".

    Puh, ich hoffe, das ist jetzt nicht zu abstrus geworden.
    Ich finde bei einer ES hat die Kontrolle zwei Komponenten. Zum einen lassen wir uns von äusseren Umständen kontrollieren, zum anderen disziplinieren wir uns zu sehr, so dass das dann wieder in komplette Kontrolllosigkeit umschlägt. Zumindest bei mir ist das so.
     
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  14. Member

    Jana Monday

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    1.096
    173
    29 Jahre alt
    Dabei seit 7. Oktober 2016
    Ja, aber darüber haben wir keine freie Entscheidung, denn es ist Teil der Krankheit. Demnach sind wir unfrei und demnach kontrolliert es uns.
     
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  15. ehemaliges Mitglied

    Eowyn

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    194
    108
    Dabei seit 12. April 2010
    jep, und wir versuchen in unserem Wahn es wieder zu kontrollieren... es ist ein teuflischer Kreislauf...
     
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  16. ehemaliges Mitglied

    Lemmie

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    237
    75
    Dabei seit 12. April 2017
    @Eowyn@Eowyn
    Jetzt versuche ich es nochmal, da mich das Thema Kontrolle immer noch beschäftigt. Kontrolle gibt uns Sicherheit und nichts macht uns Mennschen mehr Angst als in etwas Unischeres hinzugeraten. Unsicherheit dahingehend, ob sich etwas zum Guten oder Schlechten entwickeln könnte. Daher suchen wir vielleicht Sicherheiten und möglicherweise ist "Kontrolle ausüben" ein Weg,zu versuchen sich Sicherheit(en) zu schaffen. Jetzt kommen die äusseren Umstände und rauben uns diese Sicherheit oder auch innere Unstände? Jetzt müsste man vielleicht noch klären, was du mit "äusseren Umständen" meinst? Situationen, die wir bewältigen müssen oder auch uns selber, die wir bewältigen müssen?
    In jedem Fall raubt uns etwas unsere Kontrolle, die Steuerungsfähigkeit scheint abhanden gekommen zu sein.
    Nach wie vor finde ich es nachvollziehbar, dass man da "was Eigenes" wieder herzustellebn versucht. Was auch immer. Auch wenn es eine trügerische unechte und instabile Sicherheit ist, hat mit die Essstörung Sicherheit gegeben. Sicherheit durch ihre Verlässlichkeit. Sicherheit dadurch, dass ich sie "bewusst einsetzen" konnte, um z. B. mit meinem Gefühlswirrwarr umgehen zu können. Bewusst einsetzen klingt jetzt blöd, klingt ja so absichtlich und gewollt, dabei ist es ja krank. Ist es auch, aber die erste Entscheidung habe ich bewusst getroffen, dann wurde es eine Gewohnheit, schließlich eine Sucht und je länger und tiefer und je abhängiger das eigene "Glücksgefühl", desto weniger gut, war es wieder "sich abzugewöhnen/zu therapieren" und für meinen Teil muss ich sagen, trotz dessen ich die Ursachen kannte. Und viel schlimmer, trotz dessen ich ganz genau vorhersagen kann, wie es wieder ablaufen wird.
    Könnte das passen?
    Und warum schlägt das nun in Kontrollosigkeit um? Wahrscheinlich, weil man dann tief in der Sucht ist? Jeder Abhängige behauptet ja für sich mal "ich kann das kontrollieren" und am Ende klappt es nicht.
    Schon spannend, würde ja bedeuten, dass ein Maß an Kontrolle Sicherheit schaffen kann und ein Übermaß an Kontrolle in eine Kontrolllosigkeit münden kann.

    @Pandora@Pandora
    Vielleicht habe ich da jetzt schon wieder einen Denkfehler. Warum unterwirft man sich nur den äusseren Gegebenheiten? Könnte man sich den inneren Gegebenheiten (Persönlichkeitsprofil, Ängste, Gefühlserleben usw.) unterwerfen, die mit den äusseren Umständen so wie sie gegenwärtig sind nicht zurecht kommen? Oder ist das dann wieder aktives Verhalten, wenn wir auf das "Innenerleben" reagieren?

    @Aimee@Aimee
    ;) Da könnte ich jetzt ja sagen, dass es auch Krankheiten gibt, bei welchen viele Patienten auch psychisch ganz rational mit umgehen. Da ist es aber meist "greifbarer". Blutdruck hoch, okay, ich nehme eine Tablette,Blutdruck geht runter. Wobei der dicke Patient, der ja eigentlich wüsste, dass er abnehmen müsste, um was Gutes für sein Herz-Kreislaufsystem zu tun, dies auch nicht tut, weil er aus irgendwelchen psychischen Gründen, das Essen nicht sein lassen kann.
    Puh- das ist schon echt komplex.

    Das andere ist bei mir auch wie bei dir. Es ist doof und schadet mir, aber es "hilft" mir in dem jeweiligen Moment und dann werde ich mal eher zum "Wiederholungstäter".

    @Eowyn@Eowyn
    Ich wollte diese Parallelwelt von anfang an auch haben resp. die ES war meins, davon durfte keiner wissen, meine "Geiheimwaffe" oder klingt das zu schräg?
    Das konnte, sollte und durfte mir keine nehmen.
    Das Erkennen war doch bestimmt auch total ernüchternd?

    Da musste ich jetzt echt einmal schlucken. Der Begriff ist irgendwie hm.. unschön...schockiert mich.
    Erstmal bin ich sowieso immer sehr darüber erstaunt wie lange man aushalten kann.
    Egal um was es jetzt geht. Dann habe ich die Erfahrung gemacht, dass das außen herum noch so stimmig sein kann, aber wenn man im Inneren nicht bereit ist ("der richtige Zeitpunkt") da ist, arbeit man gegen Mauern an. Ich hatte mehrere Anläufe, die schief gingen. Irgendwann war für mich klar, dass ich studieren möchte. In meinem Inneren war irgendwas bereit hinzusehen und was zu ändern. Und da ging es zwar noch nicht optimal, aber besser. Warum das dann so war, kann ich nicht erklären.
    Vielleicht ist das bei dir ja ähnlich? Dass dir noch irgendwas im Inneren fehlt, wie so ein letztes Gefühl an Vertrauen in dich, dass du es wagst, dir gönnst?

    @Jana Monday@Jana Monday
    Das würde bedeuten, dass man schon krank ist bevor man überhaupt Symptome zeigt. Also die "Entscheidung" sich essgestört zu verhalten schon Teil der Krankheit ist?
    Sicher ist es Quatsch zu denken, dass man sich am Anfang entscheidet: "So ab heute verrhalte ich mich essgestört!" Aber die Entscheidung diese Art Sucht zu probieren, fällt man ganz bewusst, denke ich, wenn man für sowas empfänglich ist. Jetzt könnte man an dieser Stelle wiederum diksutieren, ob eine andere psychische Erkrankung oder psychische Labilität dazu führen könnte/müsste erst in eine Abhängigkeit zu geraten. !?

    Viele Grüße,
    lemmie
     
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  17. Member

    Jana Monday

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    1.096
    173
    29 Jahre alt
    Dabei seit 7. Oktober 2016
    Nein, das was ich gesagt habe bezog sich auf den Punkt wenn man schon drinsteckt. Dass man es dann nicht mehr kontrollieren kann.
     
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  18. ehemaliges Mitglied

    Eowyn

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    Dabei seit 12. April 2010
    Meine ES war mein Anker, etwas an dem ich mich festhalten konnte, das einzige in meinem Leben was ich (vermeintlich) kontrollieren konnte. Mein Therapeut hat mal zi mir gesagt "seien sie froh, dass sie nur eine ES entwickelt haben, andere in ihrer Situation hätten sich umgebracht." Somit hat die ES mir das Leben gerettet.....

    Genau, deshalb ist es ja eine Krankheit und keine komische Angewohnheit.

    nein, leider ist das genau richtig, siehe oben.

    Ja, daran arbeite ich seit ca. 7 Jahren, nur ist das leider nicht so einfach. Ich wurde dazu erzogen zu funktionieren, meine eigenen Bedürfnisse zurückzustellen und den Erwartungen der anderen zu entsprechen. Das hat mich immer wieder dazu verleitet, mich in Situationen zu bringen, die mir jicht gut tun. Z. B. habe ich meinen Job geschmissen um meinen mann mit seiner Firma zu helfen, dabei macht mir das überhaupt keinen Spass. Wenn man das erst merkt, wenn man bereits einen Betrieb mit 15 Leuten, ein Kind und ein nicht abgezahltes Haus hat, ist es nicht so einfach da den Stecker zu ziehen. Ich bin jetzt, nach der Fusion unserer Firma mit einem grösseren Unternehmen, gerade dabei meinen Ausstieg zu planen. Bzw. bleibt mir nach meinem Zusammenbruch Anfang Januar gar nichts anderes übrig. Ich stecke jetzt in einer Übergangsphase die sich aufgrund der Umstände bis nächstes Frühjahr ziehen wird und dann habe ich die Chance mir zu überlegen wo ich wirklich hinwill.
     
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  19. Member

    Jana Monday

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    1.096
    173
    29 Jahre alt
    Dabei seit 7. Oktober 2016
    Also dein Therapeut war ja echt n Sunnyboy, wa?
     
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  20. ehemaliges Mitglied

    Eowyn

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    194
    108
    Dabei seit 12. April 2010
    Jep, deswegen gehe ich jetzt auch wieder hin *zungerausstreck* Er ist ne gute Mischung aus verständnisvoll und "ich tret Dir in den Arsch". Auch wenn ich das Gefühl habe, dass wir bezüglich det ES nicht wirklich weiterkommen und ich das mit mir selbst ausmachen muss, hat er mir in den letzten Jahren geholfen mich aus der Verstrickung mit meinen Eltern zu lösen und war ein guter Alltags- Beziehungs- und Berufs-Coatch.
     
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