Motivation #positive

Dieses Thema im Forum "Diskussionen" wurde erstellt von Mississippi, 29. Januar 2019.

  1. Mississippi

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    Top Poster des Monats

    Hallo ihr Lieben,

    lange habe ich nichts mehr von mir hören lassen... (Bin ja auch nur als Gast hier). Mir ist gerade beim Durchstöbern der Diskussionen aufgefallen, dass hier recht wenig über positive Dinge, bzw Dinge, die einen antreiben weiter gegen die Essstörung zu kämpfen geschrieben wird.
    Zur kurzen Erklärung... Ich habe es noch einmal gewagt, mich in stationäre Behandlung zu begeben und war jetzt fast 5 Monate dort... Jetzt bin ich wieder im ,,normalen" Leben zurückgekehrt und habe eine große Portion Motivation mit nach Hause gebracht, die ich gerne teilen würde und bei der ich hoffe, dass sich möglichst viele anstecken :)
    Ich bin jetzt seit guten 5 Jahren an Bulimie erkrankt und auch dieses Mal war es wieder eine riesen Überwindung in die Klinik zu gehen. Aber ich wusste, wenn ich so weiter mache, dann ich das mit dem Abitur vergessen... ich kam in die Klinik als nervliches Wrack. Ich hatte ein weiteres Mal vergessen, was leben eigentlich ist. Dieser Aufenthalt war der intensivste, den ich bisher hatte. Ich habe eine ganz besonders wichtige Sache gelernt... Authentisch sein. Ich habe gelernt, dass ich weinen darf und dass ich zweifeln und wütend sein darf und noch so vieles mehr... Jedenfalls kann ich nun wieder fühlen... Nach jahrelangen Essanfällen und 10 Mal Erbrechen am Tag hatte ich fast vergessen, wie das ist. Manchmal bin ich auch jetzt noch überfordert, wenn die Gefühle zu stark werden, aber immerhin traue ich mich immer mehr, sie zuzulassen. Und es ist einfach nur wunderschön. Es ist so schön, sich über jede noch so kleine Geste von einem anderen Menschen freuen zu können, darüber, dass das Wetter schön ist, oder einfach nur über ein liebes Wort einer nahestehenden Person. Umgekehrt kann es auch so schön sein, einfach mal zu weinen und alles rauszulassen. Diese ganze Wut, die Trauer, Verzweiflung, welches Gefühl auch immer, es tut einfach nur gut es rauszulassen und ehrlich zu sich selbst und seinem Umfeld zu sein. Ich spüre nach Jahren wieder das Gefühl von Freiheit... Ewig lange habe ich mir eingeredet die Essstörung würde mir Kontrolle über mein Leben verleihen, aber sind wir mal ehrlich... In der Essstörung haben wir nicht die geringste Kontrolle über uns... Erst jetzt bemerke ich, was frei sein wirklich heißt. Frei sein ist, wenn man spontan zu Freunden geht und einen Filmabend mit Chips und Schokolade veranstaltet bei dem man einfach das essen kann worauf man Bock hat. Frei sein bedeutet, seine Gedanken nicht 24/7 damit zu verbringen sämtliche Kalorien von Lebensmitteln zusammenzuzählen, oder zwanghaft Sport zu treiben. Freiheit bedeutet, seine Gedanken frei werden zu lassen, sich zu trauen Träume zu haben und diese zu verfolgen. Aber das schönste, das wirklich wertvollste aller Freiheitsgefühle ist wenn man weiß, dass es sowas von egal ist, welche Figur man hat, ob man dick, dünn, normal, groß, klein oder sonst was ist. Ich habe in der Klinik fast 10kg zugenommen, obwohl ich bereits im Normalbereich war. Ich fühlte mich schrecklich und war mit zu 100% sicher, dass niemand mich mehr mögen wird, wenn ich nach Hause komme und noch viel schlimmer, ich wusste, dass ich mich nie mögen können würde... Aber ich habe mich geirrt... Den WIRKLICH wichtigen Menschen ist es nämlich wirklich egal, wie man aussieht. Meine Freunde haben sich so sehr gefreut und meine beste Freundin sagte zu mir: nach so langer Zeit habe ich endlich meine beste Freundin wieder gefunden... Wirklich, an alle hier die das lesen... wir alle sind so unperfekt, so voller Fehler, aber andere lieben uns dafür. Sie lieben uns nicht wegen der Zahl die da auf der Waage steht. Sie lieben uns weil wir ein gutes Herz haben, weil wir mitfühlend und emphatisch sind, weil wir Humor haben, weil wir gut zuhören oder gute Ratschläge geben. Und zwar nur deshalb. Und alle anderen, die einen aus das Äußere reduzieren sind es einfach absolut nicht Wert, ihnen unsere Aufmerksamkeit zu schenken. Seid authentisch, traut euch, euch zu zeigen. Traut euch verletzlich zu sein, es ist so unglaublich befreiend...
    An alle die das hier lesen. Bitte bitte gebt euch niemals auf. Es gibt IMMER und damit meine ich echt absolut immer einen Grund zu kämpfen. Kämpft für euch selbst, weil ihr es euch wert sein dürft. Weil ihr alle auf eure eigene Art und Weise wundervolle Menschen seid, die es verdient haben, ein glückliches, freies Leben zu haben. Es lohnt sich so sehr, nicht aufzugeben. Ich wünsche es allen Menschen, die an einer Essstörung erkrankt sind so sehr, dass sie eines Tages sehen wie wunderbar und wertvoll sie sind...
    Was ich euch damit sagen will... Natürlich bin auch ich nicht für immer geheilt und es ist auch jetzt nach der Klinik noch ein Kampf und ich muss mich jeden Tag wieder neu für mich und gegen die Krankheit entscheiden und ja ich bin sicher es wird auch den ein oder anderen Rückschlag geben, aber... Ich habe gelernt wieder aufzustehen und weiter zu machen, weil ich das Vertrauen habe, dass am Ende alles gut werden wird. Wir sind hier alle in der Lage, diesen Kampf zu gewinnen. Wir dürfen darauf vertrauen, dass am Ende der Essstörung ein wundervolles Leben auf uns wartet...
     
    Jana Monday und Amélie gefällt das.
  2. Member

    Juni

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    Dabei seit 5. Juni 2010
    Hallo Missisippi,

    danke für deine wahren Worte. Wie schön, dass du nach deinem Klinikaufenthalt so motiviert bist. Ich hoffe du kannst das beibehalten. Die schwierigste Zeit ist die nach der Klinik. Da entscheidet es sich ob man wieder in alte Muster zurück fällt oder tatsächlich Strategien erlernt hat, um gesünder mit sich und dem Leben umzugehen.

    Es ist sicher gut, dass du dich auf etwaige Rückschläge einstellst und schon einen Plan hast, wie du zukünftig damit umgehst.

    Ich wünsch dir ganz viel Erfolg dabei!
    *blumeschenk*
     
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