Wenn ich dünn bin, wird alles besser.

Dieses Thema im Forum "Diskussionen" wurde erstellt von Karmah, 30. April 2011.

  1. ehemaliges Mitglied

    crimson.butterfly

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    Dabei seit 12. Oktober 2009
    Ich glaube Essgestörte sind Meister der Verdrängung. ^^

    Jede von uns weiß ja, dass es wohl nie dünn genug sein kann, damit wir all den Seelenschmerz den wir seit Jahren mit uns tragen, plötzlich nicht mehr so schlimm scheint.

    Immerhin hungern (oder kotzen) wir uns ja nicht das Fett weg um alle mal auf der Vogue abgebildet zu werden.. eher versuchen wir (oder zumindest ich) das Volumen des Brockens aus Schmerz, Entäuschung und Selbstzweifeln den wir seit Jahren in unserem Herzen rumtragen zu verringern.

    Das blöde ist nur, dass sich durch die ES, den kaputten Zwischenmenschlichen Beziehungen, die Rückschläge im Laufe der Krankheit, der Brocken nur vergrößert.

    Dann hat man nicht nur damit zu kämpfen was Fremde einem antun.. sondern auch was wir uns selbst mit der Krankheit antun.

    Ich könnte die, in meinen Augen, perfekte Figur haben. Und würde trotzdem weiter machen, sebst wenn ich "weiß" dass ich nicht mehr hübsch bin.

    Und warum?

    Weil ich in den Zeiten, in denen ich mich fast zu Tode hunger, nichts mehr spüre. Ich bin so versessen darauf nicht zu vielo zu essen, kein Gramm mehr zu wiegen, das mir in dem Moment alles egal ist, was früher war.

    So war es vor Jahren, als ich noch nicht in der Bulimie steckte.
    Mir ging es "gut". Aber nicht weil ich dünn und glücklich war.

    Sondern weil ich gefühllos war.

    Doch wenn dieser Zustand eine Weile anhält, gewöhne ich mich daran.
    Die schlechten Gefühle kamen wieder. Also musste noch mehr Gewicht gehen.

    Und ich denke darum wird es bei mir nie ein Gewicht geben, mit dem ich glücklich bin.
    Nur gefühllos.

    Doch welcher gesunde, normale Mensch möchte schon gefühllos sein?
     
  2. Gast

    Summerrain

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    Als ich deinen letzten Beitrag gelesen habe, habe ich nur gedacht "genau so ist es".

    Du hast so Recht mit dem was zu schreibst!
    Und trotzdem versuchen wir uns alle ein zu reden, dass es irgendwann ein Ende hat!
    Wir es kontrollieren und stoppen können.
    Heute ist wieder einer solcher Tage wo ich selbst daran zweifel, dass es je aufhören wird.

    In zwei drei Tagen kann dies aber schon wieder ganz anders aussehen und ich gehe mit erhobenen Haupt durch die Strassen und denke mir "hach.. ich bin schön.. und ich werde die Kotzerei jetzt endlich lassen.. macht doch alles keinen Sinn.."
    Und prompt kommt irgendein Niederschlag und es haut mich wieder auf die Nase.. alles wieder beim Alten..

    "Meister der Verdrängung" ist wohl ein perfekter Satz!

    Diese Gefühllosigkeit kann ich sehr gut nachvollziehen..
    Ich spüre mich oft auch nur während des Übergebens und danach bin ich wieder leer.. wie eine Flasche die auf dem Boden in der Ecke liegt.
    Als ich "dünner" war und mein -für mich- Idealgewicht hatte habe ich auch gedacht ich wäre glücklich.. aber Tatsache war, dass ich keine Gefühle mehr zugelassen habe... mein Spiegelbild hat mich gezeigt, aber ich habe mich nicht gesehen.
    Seitdem ich wieder mehr wiege vermisse ich diese Taubheit.. dieses "Gefühl" von Nichts...
     
  3. ehemaliges Mitglied

    Lotti

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    Dabei seit 27. Juni 2011
    Da geht es uns wohl ganz ähnlich. Wenn ich längere Zeit über gar nichts esse (was nicht mehr oft vorkommt) dann habe ich auch das Gefühl, dass ich total leer bin und gar nichts richtig fühle.
    Manchmal gibt mir das einen richtigen Kick, aber ebenso kann diese Stimmung dann auch wieder kippen und mir geht es gar nicht mehr gut.

    Ein Gewicht mit dem ich wirklich glücklich bin, gibt es wahrscheinlich gar nicht. Und das macht die ES irgendwie noch viel aussichtsloser. =(
     
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  4. Gast

    Cailin

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    Ja, da schließe ich mich euch an. Bei mir ist es so, dass ich mich auch leer fühle, aber gerne auch richtig manische Phasen habe, wenn ich lange nichts esse. Aber wie du, Lotti, schon sagtest: die Stimmung kann dann wirklich schnell wieder kippen.

    Nicht nur aussichtsloser, sondern auch umso gefährlicher und unberechenbar. Natürlich wissen wir, dass wir mit weniger Gewicht nicht glücklicher sein werden, da wir uns bewusst sind, dass dies ein Irrglaube ist. Und trotzdem kann man dieses Ventil, was es für viele von uns darstellt, nich einfach 'ablegen'...
     
  5. ehemaliges Mitglied

    Lotti

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    Dabei seit 27. Juni 2011
    Trotzdem habe ich die Hoffnung, dass es mir irgendwann gelingt die Notbremse zu ziehen, wenn mein Gewicht total in den Keller fällt. Ich habe zwar keine konkrete Vorstellung darüber, wie ich das dann schaffen soll, aber ich versuche ja auch meinen Körper nicht total kaputt zu machen.
    Ich lebe einfach viel zu gerne um zuzulassen, dass bei mir irgendwann absolut gar nichts mehr geht.
    Wir haben hier ja auch schon öfter darüber diskutiert, dass hier wohl niemand versucht sich absichtlich durch eine Essstörung total kaputt zu machen. Aber es ist halt wirklich ein schmaler Grad auf dem wir uns bewegen.
    Manchmal kommt es mir auch so vor, als würde ich auf einem schmalen Drahtseil balancieren, von dem ich schneller abstürzen kann als mir lieb ist. Und das finde ich manchmal ziemlich beängstigend.
     
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  6. Gast

    Summerrain

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    Top Poster des Monats

    Ob man aber dann tatsächlich irgendwann sagen kann "jetzt ist es genug.. ich bin tatsächlich zu dünn und es wird gefährlich" ?!?!
    Ich bin da immer ziemlich hin und hergerissen.. Mal bin ich auch der Meinung, dass ich das Ganze stoppen kann, wenn ich mein "Wunschgewicht" erreicht habe.. aber was dann? Sobald ich 'normal' esse nehme ich ja wieder zu.. und das Ganze fängt von vorne an.
    Klar ist es für mich nicht nur eine Sache des Abnehmens, sondern eben auch wie du, Cailin schon sagtest ein Ventil für Probleme, Gefühle.
    Aber trotz allem entstehen natürlich viele Probleme durch die verquerte Ansicht meines Anblicks im Spiegel.

    Diese Gradwanderung machen wahrscheinlich nicht nur Menschen mit einer ES durch. :/
    Allein schon der Spagat zwischen Familie und Arbeit..
     
  7. ehemaliges Mitglied

    Lotti

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    Dabei seit 27. Juni 2011
    Das sehe ich auch so. Ich mache mir da auch nichts vor. Normal essen kann ich dann bestimmt auch nicht. Aber wenigstens so viel, dass ich nicht total rapide abnehme.
    Mein Stoffwechsel ist ja mittlerweile auch schon so runtergefahren, dass ich wahrscheinlich total schnell zunehmen würde, wenn ich mal eine normale Menge an Kalorien essen würde.
    (Aber das habe ich schon lange nicht mehr gemacht, deswegen weiß ich gar nicht ob es wirklich so ist.)
     
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  8. Gast

    Tara

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    Ich denke oft daran, dass "dünn" sein einige meiner Probleme lösen könnte, der ewige Streit mit meiner Mutter, die mich immer als fett bezeichnet. Beliebter oder geliebter wird man dadurch nicht, das ist mir klar, vielleicht würden mich alle in Ruhe lassen mit meinem Gewicht. Doch was dann ... meiner Mutter würde meine Haut, mein Haar, mein Gesicht, meine Nase, oder mein Schuhwerk nicht gefallen, sie hätte immer was an mir zu meckern. Davon bin ich überzeugt, denn sie hasst mich!
     
  9. Gast

    Jade_

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    Top Poster des Monats

    ... irgendwie ist genau das doch das Heimtückische an der Sache: Realistisch/ objektiv gesehen weiß man, dass dünnsein keine Lösung ist, aber man kann sich eben doch nicht von der Wunschvorstellung lösen, dass dann alles besser ist.

    Zu meinen dünnsten Zeiten habe ich kaum gegessen, und hab mich schön gefühlt, aber ich muss auch zugeben, dass es mich fertig gemacht hat, körperlich schwach zu sein. Diese krasse Mischung aus Stolzsein und sich krank fühlen macht mich noch wahnsinnig. Und trotzdem kann man nicht aufhören, danach zu streben...

    - kein Wunder, dass das jemand, der das nicht selbst erlebt hat, nicht verstehen kann.
     
  10. Reason For Sadness

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    Top Poster des Monats

    Obwohl jeder von uns dieses Thema wahrscheinlich schon zig tausend Mal durchgekaut hat - und wenn nur im Geist mit sich selbst, finde ich es faszinierend, was für einen Effekt es immer wieder hat.
    Mit jeder Antwort, die ich auf den ersten Post gelesen habe, wurde mir wärmer, habe ich mich geborgener gefühlt. Denn auch wenn jedem von uns bewusst ist, dass wir mit hoher Wahrscheinlichkeit die Konsequenzen nicht wirklich verhindern können, dass die wenigsten tatsächlich stärker als die Krankheit sind, geben wir uns dennoch immer wieder dem zerreißenden Hungergefühl hin. Aber letztendlich nicht, um schön zu sein, sondern rein. Um unser Gewissen zu besänftigen, eine Aufgabe zu haben, die man vermeindlich meistert. Ich bin mir recht sicher, dass es den meisten gar nicht um das Hungergefühl im Sinne der glorifizierten Macht geht, sondern genau um diesen Drahtseilakt, das Leben in all seinen Extremen auf einmal zu spüren und seltsamerweise irgendwie damit zurechtzukommen.
    Es wird immer gesagt, dass es naiv sei, daran zu glauben, dass das Hungern und Vergehen Probleme löst, aber eben das ist das Tückische an der Krankheit, dass sie alles real erscheinen lässt. Fast wie LSD: Den Gedanken sind keine Grenzen gesetzt und alles was ich in meiner Fantasie erschaffen kann, scheint sich auf einmal um mich herum zu formen.
    Keine Frage leben wir in einer Illusion, aber das geschieht mit Sicherheit nicht durch Naivität, Infantilität oder Unreife.

    Um das Fazit nochmal zusammenzufassen: Es ist krank und asozial, sich dieses Denken anzueignen, um sich bewusst krank zu machen. Sich jedoch dafür zu schämen, dass man sich darauf einlässt und es nicht "besser" macht, finde ich traurig...kein Mensch sollte von sich erwarten, dass er im Leben alles schaffen kann und dabei niemals stürzen darf.
     
  11. Miu
    Gast

    Miu

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    Top Poster des Monats

    Früher habe ich auch geglaubt, dass alles besser ist, wenn ich erstmal dünner bin. Es wird nicht besser, das wissen wir denk ich alle nach einer gewissen Zeit. Aber man konzentriert sich nicht mehr darauf und dadurch wird alles Schlechte leichter zu ertragen. Denn mal Hand aufs Herz: Wenn an der ES alles nur schlecht wäre, dann würden wir ja auch nicht daran festhalten.
    Außerdem ist das Problem was durch diese Gedanken entsteht glaube ich, dass man das Glücklich Sein auf später verschiebt. Im Prinzip ist es finde ich genau das: Es könnte vielleicht genauso schön jetzt sein, genauso einfach. Vielleicht ist da gar kein Problem wo man gerade eines sieht oder man könnte es jetzt auch schon überwinden. Aber man traut sich nicht. "Ich kann erst glücklich sein, wenn ich dünn bin."
    Jedes mal, wenn ich mich bei solchen oder ähnlichen Gedanken erwische frage ich mich: "Warum darf ich nur als dünner Mensch glücklich sein?" Schließlich würde ich selbst ja auch keinem dicken Menschen verbieten wollen glücklich zu sein und ein leichtes Leben zu haben...
     
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